Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Minderung der Regelleistung um 100 v.H. Rechtmäßigkeit des Sanktionsbescheides bei Nichtentscheidung über ergänzende Sachleistungen
Orientierungssatz
1. Ein Sanktionsbescheid, mit dem der Grundsicherungsträger das Arbeitslosengeld 2 um 100 v.H. mindert, ist nicht schon deshalb rechtswidrig, weil er nicht zugleich eine Entscheidung über die Bewilligung von ergänzenden Sachleistungen trifft. (Fortführung LSG Berlin-Potsdam, Beschluss vom 08.November 2010, Az. L 29 AS 1420/10 B ER; Abgrenzung LSG Berlin-Potsdam, Beschluss vom 16. Dezember 2008, Az. L 10 B 2154/08 AS ER)
2. Der Hinweis auf die Möglichkeit der Erbringung ergänzender Sachleistungen im Sanktionsbescheid ist für dessen Rechtswirksamkeit hinreichend (Anschluss: LSG Essen, Beschluss vom 10. Dezember 2009, Az. L 9 B 51/09 AS ER).
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 28. September 2010 insoweit aufgehoben, als darin die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den “Absenkungsbescheid„ der Antragsgegnerin vom 23. Juli 2010 (richtig: 23. Juni 2010) angeordnet worden ist.
Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Juni 2010 wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen einen so genannten Sanktionsbescheid der Antragsgegnerin.
Der 19 geborene Antragsteller bezieht seit Januar 2005 von der Antragsgegnerin Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Mit Bescheid vom 16. Oktober 2009 hob die Antragsgegnerin eine ursprüngliche Leistungsbewilligung für den Zeitraum vom 1. November 2009 bis zum 31. Januar 2010 auf, nachdem der Antragsteller insbesondere zu einer vereinbarten Probearbeit am 3. und 4. September 2009 nicht erschienen war. Hierzu hatte der Antragsteller zuvor erklärt, er habe “den Termin vergessen„.
Mit Eingliederungsvereinbarung vom 24. Februar 2010 verpflichtete sich der Antragsteller zur Teilnahme an einer berufsvorbereitenden (BvB) Maßnahme bei dem gemeinnützigen Berufsbildungsverein G e.V. im Maßnahmezeitraum vom 1. März 2010 bis zum 24. Juli 2010. Für diesen Maßnahmezeitraum beantragte der Antragsteller zudem die Bewilligung von Ausbildungsgeld nach § 106 Abs. 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) und teilte der Antragsgegnerin nach Beginn dieser Maßnahme mit Schreiben vom 9. März 2010 die Veränderung für den Maßnahmezeitraum vom 1. März 2010 bis zum 24. Juli 2010 mit.
Mit Bescheid vom 8. Juni 2010 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für den Zeitraum vom 1. Juli 2010 bis zum 31. Dezember 2010 monatliche Leistungen in Höhe von insgesamt 361,15 €.
Nachdem die Antragsgegnerin Kenntnis von der Beendigung der Maßnahme zum 26. Mai 2010 erhalten hatte, gab sie dem Antragsteller mit Schreiben vom 26. Mai 2010 Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem möglichen Eintritt einer Sanktion. Hierzu erklärte der Antragsteller, die Maßnahme sei beendet gewesen.
Mit Schreiben vom 10. Juni 2010 teilte der Maßnahmeträger der Antragsgegnerin mit, dass der Antragsteller wiederholt in der Maßnahme nicht erschienen sei. So sei er am 3. Mai 2010 insbesondere weder in der Maßnahme noch zu einem vereinbarten Vorstellungsgespräch bei der Firma R erschienen. Nachdem der Antragsteller auch am 25. Mai 2010 erst nach 13.15 Uhr in der Maßnahme erschienen sei und zudem weder Bemühungen um einen Ausbildungsplatz nachweisen konnte noch den Lehr- und Lernauftrag des Praktikums erfülle, sei für ihn die Maßnahme am 26. Mai 2010 ausgelaufen.
Mit Sanktionsbescheid vom 23. Juni 2010 hob die Antragsgegnerin die Bewilligung von Arbeitslosengeld II für den Zeitraum vom 1. Juli 2010 bis zum 30. September 2010 vollständig auf. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass auf Antrag in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen - insbesondere in Form von Lebensmittelgutscheinen - gewährt werden. Gegen diesen Bescheid erhob der anwaltlich vertretene Antragsteller am 11. August 2010 mit der Begründung Widerspruch, die Maßnahme sei regulär nur bis zum 26. Mai 2010 gelaufen. Diesen Widerspruch verwarf die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2010 wegen Versäumung der Widerspruchsfrist des § 84 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als unzulässig. Ausweislich des Empfangsbekenntnisses der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers wurde diesen der Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2010 am 4. Oktober 2010 zugestellt. Eine Klage hiergegen wurde nicht erhoben.
Mit Änderungsbescheiden vom 19. Juli 2010, 9. August 2010 und 19. August 2010 zum Bewilligungsbescheid vom 8. Juni 2010 hat die Antragsgegnerin die Bewilligung von Leistungen u.a. betr. den Antragsteller hinsichtlich der Höhe korrigiert und sodann für den Zeitraum vom 1. Juli 2010 bis zum 30. September 2010 die darin jeweils festgestellten ...