Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung: Bemessung einer MdE bei einer Knieverletzung. Anforderungen an die Berücksichtigung einer altersuntypischen Arthrose bei der MdE-Bemessung
Orientierungssatz
1. Für die Bemessung eines MdE kommt es zum einen auf den Umfang der verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und zum anderen auf den Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten an.
2. Eine in einem Gelenk womöglich unfallbedingt entstandene altersuntypische Arthrose bleibt bei der Bemessung eines MdE aufgrund eines Gesundheitsschadens nach einem Arbeitsunfall jedenfalls solange unbeachtlich, wie es nicht zu messbaren Funktionseinschränkungen kommt.
3. Einzelfall zur Beurteilung des MdE bei Schädigung des Kniegelenks infolge eines Arbeitsunfalls.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. März 2011 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 23. Mai 1995 im Wege einer Stützrente.
Der 1967 geborene Kläger ist gelernter Maurer. Nach dem Ende seiner Ausbildung im Jahr 1987 war er bis 1995 als Maurer beschäftigt. Im Jahr 2000 arbeitete er bei einem Wach- und Sicherheitsdienst in B. Über das Arbeitsamt machte er von 2002 bis 2005 eine Umschulung zum Kaufmann im Gesundheitswesen. Derzeit bezieht er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Am 23. Mai 1995 war der Kläger für das Bauunternehmen J S auf einer Baustelle in B als Maurer tätig. Laut Durchgangsarztbericht (DAB) von Dr. K vom W-Klinikum E vom selben Tag stolperte er um 09:30 Uhr über ein herumliegendes Teil und verdrehte sich beim Sturz das rechte Knie. Als Befund wurden angegeben: geringer Kniegelenkserguss rechts, Druckschmerz lateraler Gelenkspalt, Kniegelenk medial gering vermehrt aufklappbar, vordere Schublade positiv, Lachman positiv mit festem Anschlag. Die Röntgenuntersuchung ergab keine sicheren frischen traumatischen Knochenveränderungen oder Luxationen (Verrenkungen). Als Diagnose wurde VD Hämarthros (blutiger Gelenkerguss) mit innerer Kniegelenksschädigung rechts angegeben.
Vom 25. Mai bis zum 15. Juni 1995 befand sich der Kläger stationär im W-Klinikum. Dort lautete die Diagnose: LCA-Ruptur (Zerrung) rechts Kniegelenk und Ruptur des lateralen (seitlichen) Meniskus rechts und Peronaeusparese (Lähmung des Nervs am Wadenbein) rechtsseitig. Am 26. Mai 1995 wurde eine arthroskopische Meniskusrefixation durchgeführt, am 05. Juni 1995 eine LCA-Plastik.
Am 19. November 1995 rutschte der Kläger in seinem Wohnhaus beim Herabsteigen einer feuchten Treppe über zwei Stufen hinweg ab und landete auf dem Gesäß, ohne mit dem Knie aufgeschlagen zu sein. Dabei zog er sich einen Querbruch des Tibiakopfes (Schienbeinkopfes) zu, der seinen Ausgang genau an der Entnahmestelle des Tibiaspanes für die vorausgegangene Kreuzbandplastik hatte. Dr. K regte an, diesen zweiten Unfall als Folge des ersten anzuerkennen.
Im auf Veranlassung der Beklagten erstellten ersten Rentengutachten vom 05. August 1996 schätzte Dr. K die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) für die Zeit vom 21. Mai 1996 bis zum 29. Juli 1997 auf 25 v. H. und für die Zeit vom 30. Juli 1996 bis zum 29. Juli 1997 auf voraussichtlich ebenfalls 25 v. H.
Mit Bescheid vom 27. August 1996 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 23. Mai 1995 als Arbeitsunfall an und stellte als aus dem Arbeitsunfall folgende Gesundheitsschäden fest: “Nach Abriss des vorderen Kreuzbandes am rechten Kniegelenk und Schienbeinkopfbruch als mittelbare Unfallfolge: Narben um das rechte Knie, geringe Verdickung des rechten Knies, Muskelminderung am rechten Bein, Einschränkung der Beweglichkeit im Kniegelenk und oberen Sprunggelenk rechts, noch liegendes Osteosynthesematerial, die übrigen im Röntgenbild erkennbaren Veränderungen.„ Zugleich bewilligte sie dem Kläger eine vorläufige Verletztenrente auf der Grundlage einer MdE von 25 v. H. ab dem 21. Mai 1996 bis auf weiteres.
Im zweiten Rentengutachten vom 27. Dezember 1996 schätzte Dr. K die MdE bei dem Kläger nurmehr auf 10 v. H. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Januar 1997 fest, dass dem Kläger keine Rente mehr zustehe, und stellte die Rentenzahlung mit Ablauf des Monats Januar 1997 ein. Als noch bestehende Folgen des Arbeitsunfalls erkannte die Beklagte an: “Nach Abriss des vorderen Kreuzbandes am rechten Kniegelenk und Schienbeinkopfbruch als mittelbare Unfallfolge: Narben um das rechte Knie, geringe Verdickung des rechten Knies, geringe Muskelminderung am rechten Oberschenkel, minimale Einschränkung der Beweglichkeit im rechten Kniegelenk, noch liegendes Osteosynthesematerial, die übrigen im Röntgenbild erkennbaren Veränderungen„.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. In einem weiteren Rentengutachten vom 16. April 1997 schätzte der Chirurg Dr. M die verbleibende Md...