Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Bewilligung von Prozesskostenhilfe in einer Bagatellsache. Kosten- Nutzenrelation
Orientierungssatz
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts ist zu versagen, wenn der Rechtsstreit eine wirtschaftliche Bedeutung nur im Bagatellbereich hat.
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen den die Gewährung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 5. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag der Kläger, ihnen für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerde, mit welcher sich die Kläger gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe wenden, hat keinen Erfolg. Sie ist nach §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, aber nicht begründet.
Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht Potsdam die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin F abgelehnt.
Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten für die Gewährung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Danach ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (vgl. § 114 ZPO).
Das angerufene Gericht beurteilt die Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffs. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Verfahrens in der Sache treten zu lassen. Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht reicht die "reale Chance zum Obsiegen" aus, nicht hingegen eine "nur entfernte Erfolgschance". Prozesskostenhilfe darf daher nur dann verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Sache fernliegend ist (BVerfG, Beschlüsse vom 13. März 1990, 2 BvR 94/88, BVerfGE 81, 347 ff, vom 4. Februar 1997, 1 BvR 391/93, NJW 1997, 2102 f., und vom 7. April 2000, 1 BvR 81/00, NJW 2000, 1936 ff).
Im Zeitpunkt der Klageerhebung, am 25. Januar 2007, hatte die Beklagte dem Begehren der Kläger, monatlich Leistungen in Höhe von insgesamt 775,49 Euro gewährt zu bekommen, bereits im Wesentlichen abgeholfen: Mit dem Bescheid vom 12. Januar 2007, gegen den die Prozessbevollmächtigten der Kläger unter dem 22. Januar 2007 und damit zwei Tage vor Abfassung der Klageschrift, Widerspruch einlegten, bewilligte sie für den streitbefangenen Zeitraum vom 1. Dezember 2006 bis zum 31. Mai 2007 Leistungen in Höhe von insgesamt 553,- Euro monatlich. Bereits mit Änderungsbescheid vom 16. Januar 2007 bewilligte sie ihnen monatliche Leistungen in Höhe von 761,25 Euro. Bei Klageerhebung war - worauf die Prozessbevollmächtigten erst nach Bekanntgabe des angegriffenen Beschlusses mit Schriftsatz vom 20. Juni 2008 hingewiesen haben - mithin nicht ein Betrag von 4.652,94 Euro, sondern lediglich ein solcher in Höhe von 85,44 Euro streitig.
Durch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe soll ein Unbemittelter hinsichtlich der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend einem Bemittelten gleichgestellt werden. Die Gewährung der staatlichen Hilfe soll indessen nicht dazu führen, dass ein Unbemittelter Rechtsschutz in einer Form oder einem Umfang in Anspruch nimmt, die der Bemittelte sich bei Abwägung von Kosten und Nutzen versagen müsste oder würde. Zu berücksichtigen ist daher auch, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 1997, 1 BvR 1440/96, NJW 1997, 2103 f.).
In Anlegung dieses Maßstabs ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts - im Übrigen bedarf es der Hilfe angesichts der Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens nicht - im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt.
Soweit ihm eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden kann, hat der Rechtsstreit eine wirtschaftliche Bedeutung im Bagatellbereich. Zur Überzeugung des Senats würde ein bemittelter Kläger bei vernunftgeleiteter Abwägung des Streitwerts der durchzusetzenden Rechtsposition von 85,44 Euro mit dem Kostenrisiko - allein die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 des Vergütungsverzeichnisses beträgt zwischen 40,- und 460,- Euro - von der Beauftragung eines Rechtsanwalts Abstand nehmen. Keineswegs ist es Absicht der Regelungen zur Prozesskostenhilfe, einen Unbemittelten in den Stand zu versetzen, einen Rechtsanwalt unter Außerachtlassung naheliegendster wirtschaftlicher Erwägungen zu beauftragen, und damit gegenüber einem Bemittelten deutlich zu bevorzugen (so auch LSG Nie...