Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz gegen einen Sanktionsbescheid
Orientierungssatz
1. Seit dem 1. 4. 2008 ist die Beschwerde nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG nicht mehr zulässig, wenn der Beschwerdewert von 750.- €. nicht erreicht wird. Aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem hierin wurzelnden Rückwirkungsverbot folgt jedoch, dass die Anwendung neuer, nachteiliger prozessrechtlicher Regelungen auf ein bereits vor Inkrafttreten der Rechtsänderung eingelegtes Rechtsmittel unzulässig ist.
2. Der gegen einen nach § 31 SGB 2 ergangenen Sanktionsbescheid erhobene Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung im einstweiligen Rechtsschutz kommt dann in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen.
3. Macht der Antragsteller geltend, ihn habe die Aufforderung zur Meldung nicht erreicht, so lässt sich dies unter Durchführung einer Beweisaufnahme erst im Hauptsacheverfahren klären. Dies gilt erst recht, wenn die streitbefangene Leistung einen abgelaufenen Zeitraum betrifft.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 07. März 2008 wird zurückgewiesen.
Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag, dem Antragsteller für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird abgelehnt.
Gründe
Gegenstand des Verfahrens ist der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Widersprüche gegen die drei Sanktionsbescheide des Antragsgegners vom 12. Februar 2008 anzuordnen, mit denen seine Grundsicherungsleistungen jeweils für die Monate Februar bis April 2008 um 35 € je Monat und damit insgesamt um 315 € gekürzt worden waren.
1. Die Beschwerde ist statthaft, obwohl der seit dem 01. April 2008 geltende Beschwerdewert von mehr als 750 € nicht erreicht wird. Der Senat wendet insoweit unter Heranziehung der Grundsätze des intertemporalen Verfahrens- und Prozessrechts die zum 01. April 2008 in Kraft getretene Vorschrift des § 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) noch nicht an, obwohl die vorliegende Beschwerde erst am 08. April 2008 eingelegt worden ist. Dies folgt aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem hierin wurzelnden Rückwirkungsverbot, das die Anwendung neuer, nachteiliger prozessrechtlicher Regelungen auf ein bereits vor Inkrafttreten der Rechtsänderung eingelegtes Rechtsmittel verbietet (BVerfG, Beschluss vom 07. Juli 1992, 2 BvR 1631/90, zitiert nach juris). Gleiches gilt zur Überzeugung des Senats auch dann, wenn ein Rechtsmittel bereits vor Inkrafttreten der Rechtsänderung zulässigerweise hätte eingelegt werden können, aber unter Ausschöpfung der Rechtsmittelfrist erst nach Inkrafttreten der Rechtsänderung eingelegt wurde (so für einen vergleichbaren Fall BFH, Beschluss vom 08. Juni 2005, V S 12/09 (PKH), zitiert nach juris ), weil ansonsten jedenfalls gegen das Verbot der so genannten unechten Rückwirkung verstoßen und ein gesetzlich begründeter Vertrauenstatbestand verletzt würde.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, denn das Sozialgericht hat zu Recht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Rechtsbehelfe des Antragstellers gegen die Sanktionsbescheide vom 12. Februar 2008 abgelehnt. Die Widersprüche haben gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG in Verbindung mit § 39 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Zweites Buch (SGB II) kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung. Diese war auch nicht gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG anzuordnen. Vor dem Hintergrund des in solchen Fällen grundsätzlich bestehenden Vorranges des öffentlichen Vollzugsinteresses gegenüber dem privaten Aufschubinteresse kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur dann in Betracht, wenn entweder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide bestehen oder andere Gründe ausnahmsweise zu einem Vorrang des privaten Aufschubinteresses führen.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht ersichtlich. Zwar hat der Antragsteller vorgetragen, dass ihn die Aufforderungen des Antragsgegners nicht erreicht hätten. Ob dies indessen zutrifft, lässt sich allenfalls in einem Verfahren der Hauptsache, gegebenenfalls unter Durchführung einer Beweisaufnahme, klären. Dies bedeutet zugleich, dass derzeit die Erfolgsaussichten für ein Verfahren der Hauptsache als allenfalls offen anzusehen sind und in diesem Fall grundsätzlich das öffentliche Vollzugsinteresse Vorrang genießt. Ein demgegenüber ausnahmsweise überwiegendes Aufschubinteresse des Antragstellers besteht demgegenüber nicht, zumal die hier streitbefangenen Bescheide einen bereits abgelaufenen Leistungszeitraum betreffen und keine Auswirkungen auf die gegenwärtig dem Antragsteller gewährten Leistungen besitzen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
4. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war schon deshalb abzulehnen, weil der Antragsteller trotz eigener Ankündigung die gemäß §§ 73a Abs...