Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Verwerfung der Berufung gegen einen Gerichtsbescheid wegen Unzulässigkeit durch Beschluss. keine Verletzung des Gebots des fairen Verfahrens oder der Rechtsschutzgarantie. Berufungsbeschränkung. Arbeitslosengeld II. Sanktionsbescheide. Meldeversäumnisse
Orientierungssatz
1. Der Senat schließt sich nicht der Auffassung des 8. Senats des Bundessozialgerichts an, wonach es das Gebot des fairen und effektiven Rechtsschutzes sowie das Recht auf eine mündliche Verhandlung gebietet, von einer Entscheidung durch Beschluss nach § 158 S 2 SGG abzusehen, wenn beim Sozialgericht eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid erfolgt ist (entgegen BSG vom 9.12.2008 - B 8 SO 13/08 B).
2. Nach Auffassung des Senats kann eine Entscheidung durch Beschluss nach § 158 S 2 SGG auch dann ergehen, wenn eine mündliche Verhandlung nach § 105 Abs 2 S 2 SGG nicht beantragt worden ist. Dem steht das Gebot eines fairen Verfahrens gemäß Art 6 Abs 1 MRK nicht entgegen, da die Vorschrift keine mündliche Verhandlung in der Berufungsinstanz verlangt, soweit nur über die prozessuale Rechtsfrage der Zulässigkeit der Berufung entschieden wird. In diesem Fall ist das rechtliche Gehör in schriftlicher Form zu gewähren.
3. Prozessual stellt sich ein Sanktionsbescheid gemäß § 32 SGB 2 als ein auf eine Geldleistung gerichteter Verwaltungsakt im Sinne § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG dar. Wurde die Berufung nicht zugelassen und wird weder um Geldleistungen für mehr als zwölf Monate noch um Geldleistungen in Höhe von 750 Euro oder mehr gestritten, so ist die Berufung gegen den Gerichtsbescheid als unzulässig zu verwerfen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 31. Januar 2019 wird als unzulässig verworfen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 31. Januar 2019, mit dem dieses die Klage im Hinblick auf drei Überprüfungsbescheide abgewiesen hat.
Mit zwei Bescheiden vom 11. Dezember 2015 und einem weiteren Bescheid vom 16. März 2016 verhängte der Beklagte Sanktionen gegen den Kläger und minderte den jeweiligen Anspruch für jeweils 3 Monate um 10 % des maßgeblichen Regelbedarfs.
Mit zwei Schreiben vom 26. Januar 2018 und einem weiteren Schreiben vom 22. August 2018 beantragte der Kläger die Überprüfung dieser Sanktionsbescheide, was der Beklagte mit zwei Bescheiden vom 12. Februar 2018 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 2018 und einem weiteren Bescheid vom 30. August 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2018 ablehnte. Die dagegen zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klagen wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zum hiesigen Aktenzeichen verbunden.
Mit Gerichtsbescheid vom 31. Januar 2019 wurde die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen.
Gegen den ihm am 5. Februar 2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 8. Februar 2019 ausdrücklich Berufung gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt und unter anderem ausgeführt, die Berufung sei statthaft, denn die Ausnahme des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG liege nicht vor. Auch wenn das Sozialgericht irrtümlich die Zulassung der Berufung, obwohl die Berufung nicht beschränkt sei und folglich der Zulassung gar nicht bedürfe, abgelehnt und eine Rechtsmittelbelehrung über die Nichtzulassungsbeschwerde erteilt habe, bleibe es dem Beteiligten unbenommen, das richtige Rechtsmittel der Berufung einzulegen. Die Zulassung der Berufung sei nach Maßgabe des § 144 Abs. 2 SGG geboten, denn die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Die Entscheidung des Sozialgerichts weiche auch sowohl von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als auch von der Rechtsprechung der Landessozialgerichte ab.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 31. Januar 2019 sowie den Bescheid des Beklagten vom 12. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 2018 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 11. Dezember 2015 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 12. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 2018 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 16. März 2016 aufzuheben und den Bescheid vom 30. August 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2018 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 11. Dezember 2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Mit Schreiben vom 28. Februar 2019 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass es vorliegend um eine Geldleistung von nicht mehr als 750,00 € und nicht mehr als ein Jahr gehe, denn der Kläger wende sich gegen Bescheide des Beklagten vom 11. Dezember ...