Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf für Alleinerziehende. keine alleinige Sorge für das minderjährige Kind bei Hilfe und Unterstützung durch den anderen Elternteil an Wochenenden. verfassungskonforme Auslegung. keine Besserstellung gegenüber Eheleuten
Orientierungssatz
Ein Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen Alleinerziehung nach § 21 Abs 3 SGB 2 besteht nicht, wenn das mit dem minderjährigen Kind allein zusammenlebende Elternteil jedenfalls an den Wochenenden auf die Hilfe und Unterstützung des anderen Elternteils zurückgreifen kann.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 07. April 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus (SG) vom 7. April 2010, mit dem das SG den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das sozialgerichtliche Verfahren abgelehnt hat, ist unbegründet.Nach § 73 a Sozialgerichtsgesetz - SGG - i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung - ZPO - erhält ein Beteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn - neben anderen Voraussetzungen - die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Zwar dürfte die fehlende Erfolgsaussicht nicht schon aus der Unzulässigkeit einer - noch nicht erhobenen - Klage wegen Versäumung der Klagefrist (§ 87 SGG) folgen. Denn jedenfalls nach der bislang noch herrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BSG SozR 1500 § 67 Nr. 5, 13, 14, 15; BVerwG Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 147; Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 22) wäre einem "armen" Beteiligten gemäß § 67 SGG auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn dieser innerhalb der Klagefrist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe formgerecht beantragt hat und die Klageerhebung binnen eines Monats nach Entscheidung über das PKH-Gesuch (§ 67 Abs. 2 Satz 1 SGG) erfolgt.
Nicht nur in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist dieses Ergebnis in neuerer Zeit zunehmend umstritten (vgl. nur Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Februar 2008 - 16 E 1118/06 - und Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 25. Februar 2008 - 4 PA 390/07; zitiert jeweils nach juris). Auch für sozialgerichtliche Rechtsstreitigkeiten wird hinsichtlich gerichtskostenfreier Verfahren ohne Anwaltszwang zunehmend angenommen, dass eine Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist nicht in Betracht kommt (vgl. Rohwer-Kahlmann, SGG § 73a ≪§ 114 ZPO≫ Rn. 13; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, 19. Mai 2008 - L 10 B 184/08 AS PKH). Der Auffassung des SG in der angefochtenen Entscheidung neigt auch der erkennende Senat zu. Für die Prüfung der Erfolgsaussichten im Rahmen des Prozesskostenhilfegesuchs genügt jedoch die Möglichkeit, dass weiterhin auf Grundlage der - in der sozialgerichtlichen Praxis nach wie vor herrschenden - Rechtsprechung Wiedereinsetzung zu gewähren wäre.
Einer auf die Bewilligung eines Mehrbedarfszuschlags für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - gerichteten Rechtsverfolgung fehlt jedoch die notwendige Erfolgsaussicht in der Sache.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO ist dann zu bejahen, wenn eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit besteht. Die bloße Möglichkeit eines Erfolges reicht nicht aus, es muss vielmehr eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit bestehen, die Anforderungen daran dürfen jedoch nicht überspannt werden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. Oktober 1991, 1 BvR 1486/91, NJW 1992, 889). Eine Rechtsverfolgung ist dann hinreichend Erfolg versprechend, wenn das Gericht nach vorläufiger summarischer Prüfung den Rechtsstandpunkt des Antragstellers unter Berücksichtigung des Vortrages des anderen Beteiligten zumindest für vertretbar und den Prozesserfolg für wahrscheinlich hält. Eine Vorwegnahme der Entscheidung der Hauptsache erfolgt im Rahmen der Prüfung der Erfolgswahrscheinlichkeit im Prozesskostenhilfeverfahren nicht (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990, 2 BvR 94/88, BVerfGE 81, 347).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt sich nicht feststellen, dass die Klage Aussicht auf Erfolg hätte. Ein Anspruch der Klägerin auf Anerkennung eines Mehrbedarfes nach § 21 Absatz 3 SGB II ist nicht wahrscheinlich. § 21 Absatz 3 SGB II setzt voraus, dass “eine Person mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammen lebt und allein für deren Pflege und Erziehung sorgt„. Bezüglich der alleinigen Sorge ist ausschließlich auf die tatsächlichen Umstände abzustellen und nicht auf das Personensorgerecht i. S. der §§ 1626 ff BGB (vgl. BSG, Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 50/07 R m.w.N., Juris). Alleinige Sorge liegt nur vor, wenn bei der Pflege und Erziehung keine andere Person in erheblichem Umfang mitwirkt, insbesondere, wenn der hilfebedürftige Elternteil nicht von dem anderen Elternteil oder Partner nachhaltig unte...