Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Zulässigkeit. Nichtzulassungsbeschwerde. Nichtanfechtbarkeit. Beschluss im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Nichterreichen des Berufungsstreitwerts. keine Analogie. Berufungszulassung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts, mit dem im Wege der einstweiligen Anordnung über einen Beschwerdewert unterhalb des Schwellenwertes für die Zulässigkeit einer Berufung nach § 144 Abs 1 S 1 SGG entschieden wurde oder der laufenden Leistungen für weniger als ein Jahr Bezugsdauer betrifft, ist nicht statthaft.

 

Orientierungssatz

Es widerspräche auch der gebotenen Dringlichkeit im einstweiligen Rechtsschutz, ein eigenständiges Zulassungsverfahren dem Beschwerdeverfahren vorzuschalten. Eine analoge Anwendung des § 145 iVm § 144 Abs 2 SGG kommt deshalb bei Nichtanfechtbarkeit eines Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht in Betracht

 

Tenor

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 22. Dezember 2008 wird als unzulässig verworfen.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller auch für das Beschwerdeverfahren seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen; sie ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht vorgesehen.

Eine Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 22. Dezember 2008 ist wegen Nichterreichens des Berufungsstreitwerts nicht zulässig, § 172 a Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Als statthaft ist die Beschwerde auch nicht anzusehen, weil es möglich bleibt, dass in der Hauptsache das Sozial- oder Berufungsgericht die Berufung zulassen wird. Die vom Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes (BGBl. 2008, I, S. 444) gewollte Beschränkung der Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutz würde ins Leere laufen, wenn allein die Möglichkeit zur Zulassung der Berufung die Beschränkung aufheben würde, weil diese Möglichkeit ausnahmslos eröffnet ist und die beabsichtigte Beschränkung damit vereitelt wäre (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27.02.2009 - L 5 B 2380/08 AS ER - und vom 09.03.2009 - L 5 AS 149/09 B ER -).

Ebenso wenig ist für das Sozial- oder Beschwerdegericht die Befugnis eröffnet, für das einstweilige Rechtsschutzverfahren die Beschwerde entsprechend §§ 144 Abs. 2 und 3, 145 SGG zuzulassen oder sie zumindest als statthaft anzusehen, wenn entsprechende Zulassungsgründe in der Hauptsache nach Auffassung des Beschwerdegerichts gegeben sind (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.10.2008 - L 20 B 1647/08 AS ER).

Eine gesonderte Zulassungsbefugnis für das Beschwerdeverfahren ist im Gesetz nicht vorgesehen und auch § 172 Abs. 3 SGG schon deshalb nicht zu entnehmen, weil Maßstab für die Statthaftigkeit der Beschwerde ausdrücklich nur die allerdings hypothetische Statthaftigkeit einer Berufung in der Hauptsache ist. Damit hat der Gesetzgeber allein auf die ausdrückliche Regelung in §§ 144, 145 SGG für das Berufungsverfahren abgestellt, ohne ein eigenständiges Zulassungsverfahren im Beschwerdeverfahren vorzusehen. Es widerspräche auch der gebotenen Dringlichkeit im einstweiligen Rechtsschutz, ein solches dem Beschwerdeverfahren vorzuschalten. Eine analoge Anwendung des § 145 i. V. m. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG kommt deshalb bei Nichtanfechtbarkeit eines Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht in Betracht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 172 Rn. 7).

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden ( § 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2226486

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