Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsschutzbedürfnis bei Beschwerde gegen einstweilige Anordnung. Ausführungsbescheid. Erstattungsanspruch. Zuständigkeitsklärungsverfahren gem § 14 SGB 9. kein Zuständigkeitswechsel bzw Weiterleitung des Antrags nach Kenntniserlangung von Unzuständigkeit. Einstweilige Anordnung. Weiterleitung. Antrag
Leitsatz (amtlich)
1. Das Rechtsschutzbedürfnis einer Beschwerde gegen eine stattgebende einstweilige Anordnung des Sozialgerichts entfällt nicht, wenn die beschwerdeführende Behörde für den Leistungsempfänger erkennbar der Anordnung nur zur Vermeidung einer Zwangsvollstreckung nachgekommen ist.
2. Dem erstangegangenen Rehabilitationsträger, der seine Zuständigkeit gegenüber dem Leistungsempfänger zunächst - wenn auch zu Unrecht - bejaht hat, ist eine Revision dieser Entscheidung gegenüber dem Leistungsempfänger und eine Weiterleitung des Antrages verwehrt, selbst wenn diese in der Frist des § 14 Abs 1 S 1 SGB 9 erfolgen könnte.
3. Stellt der zuerst angegangene Rehabilitationsträger nach Bewilligung der Leistung fest, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, verbleibt es bei der einmal bejahten Zuständigkeit und erfolgt ein Ausgleich der gewährten Leistungen ausschließlich nach § 14 Abs 4 S 1 SGB 9 auf dem Wege der Erstattung.
Orientierungssatz
1. Die Möglichkeit der Durchsetzung eines Erstattungsanspruchs bei Aufhebung der einstweiligen Anordnung noch vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens ist grundsätzlich ausreichend, um ein Rechtsschutzbedürfnis des Hilfebedürftigen für die Beschwerde zu bejahen.
2. Es kann für die Frage des Vorliegens des Rechtsschutzbedürfnisses außer Betracht bleiben, dass der Leistungsträger mit seinem Ausführungsbescheid in der Sache über die Verpflichtung aus dem sozialgerichtlichen Beschluss hinausgegangen ist; bei diesem Teil des Bescheides handelt es sich nicht mehr um den sog Ausführungsbescheid, sondern um einen vom gerichtlichen Verfahren unabhängigen Bescheid.
Normenkette
SGB IX § 14; SGG § 86b
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. Januar 2008 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des gesamten Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. Januar 2008, mit dem er im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet wurde, darlehensweise die Kosten für Unterbringung und Betreuung der Antragstellerin in der ambulant betreuten Wohngruppe in der Nachsorgeeinrichtung des Trägers DV ab 4. Dezember 2007 bis zum Abschluss des Verfahrens über den Widerspruch vom 13. Dezember 2007 gegen den Bescheid vom 12. Dezember 2007, längstens für 6 Monate gerechnet ab dem 4. Dezember 2007, zu übernehmen.
Die Antragstellerin war drogenabhängig und hatte sich seit Juli 2007 in einer Einrichtung der DV (A - gemeinnützige Gesellschaft zur Integration von benachteiligten Menschen GmbH) zur stationären Rehabilitation befunden. Mit Schreiben vom 20. November 2007 stellte sie zunächst beim Sozialamt der Stadt B einen Antrag auf “Gewährung von Sozialhilfeleistungen an Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten im Sinne des § 67/68 SGB XII„. Zur Begründung hatte sie vorgetragen, sie werde die stationäre Therapie voraussichtlich am 4. Dezember 2007 beenden und sei mit Ende der Therapie von Obdachlosigkeit bedroht. Die Nachsorgeeinrichtung der Ag GmbH biete die Möglichkeit, nach erfolgreichem Abschluss der stationären Therapie den Übergang zur Selbstständigkeit in einem drogenabstinenten Rahmen zu vollziehen. Mit Bescheid vom 27. November 2007 hatte die Stadt B zunächst zugesagt, ab dem 4. Dezember 2007 die Kosten der ambulanten Betreuung der Antragstellerin in der Wohngemeinschaft der A zu übernehmen. Mit Bescheid vom 30. November 2007, gegen den die Antragstellerin Widerspruch eingelegt hat, nahm die Oberbürgermeisterin der Stadt B den Bescheid über die Kostenübernahme vom 27. November 2007 mit der Begründung zurück, dass die Zuständigkeit der beantragten Hilfen nach §§ 67,68 SGB XII beim überörtlichen Träger liege. Mit Fax vom selben Tage leitete sie die Antragsunterlagen der Antragstellerin dem Antragsgegner zu und teilte diesem mit, sie sei irrtümlicherweise der Meinung gewesen, die Nachsorgeeinrichtung der A arbeite nach §§ 53,54 SGB XII; die ambulante Nachsorge beginne am 4. Dezember 2007. Mit Schreiben vom 3. Dezember 2007 teilte der Antragsgegner der Stadt B mit, dass keine Übernahme des Hilfefalles erfolge, weil die Antragstellerin vorrangig Anspruch auf Eingliederungshilfe gemäß §§ 53 SGB XII habe, für die die Stadt B zuständiger Leistungsträger sei.
Mit bei dem Antragsgegner am 4. Dezember 2007 eingegangenem Schreiben vom 3. Dezember 2007 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner “die Kostenübernahme für Betreutes Gruppenwohnen gemäß SGB XII § 67/68„.
Mit Bescheid vom 12. Dez...