Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung. Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. AVItech. VEB-Geräte- und Regler-Werke Teltow. Umwandlung des VEB in eine GmbH vor dem Stichtag des 30.06.1990. Wirksamkeit der Registereintragung in das Handelsregister

 

Orientierungssatz

1. Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass eine Anwartschaft auch dann besteht, wenn ein Betroffener aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach den zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Regelungen eines Versorgungssystems aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte.

2. Der fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Zusatzversorgung hängt im Bereich der VO-AVItech unter anderem von der Erfüllung der betrieblichen Voraussetzung ab. Ob die betriebliche Voraussetzung erfüllt ist, bestimmt sich danach, wer am maßgeblichen Stichtag des 30.06.1990 Arbeitgeber im rechtlichen Sinne war.

3. Ein in der Rechtsform der GmbH geführtes Unternehmen unterliegt gemäß der ständigen Rechtsprechung des BSG nach Bundesrecht nicht dem Anwendungsbereich der AVItech nach § 1 Abs. 1 der 2. DB (Vergleiche BSG, Urteil vom 09.04.2002 - B 4 RA 3/02 R).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. August 2006 wird zurückgewiesen.

Kosten sind für den gesamten Rechtsstreit nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Zeitraum vom 01. Juli 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes ≪AAÜG≫ - AVItech -) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellen muss.

Der Kläger ist Ingenieur (Urkunde der Ingenieurschule für wissenschaftlichen Gerätebau “Carl Zeiss„ Unterwellenborn vom 03. Juli 1973). Ab dem 01. Juli 1968 war er bei dem volkseigenen Betrieb (VEB) G- und R-Werke T beschäftigt, zunächst als Abdrücker im Messfeld, ab dem 01. Dezember 1968 als Technologe, ab dem 01. Januar 1975 als Entwicklungstechnologe, ab dem 01. Januar 1978 als Entwicklungsingenieur und zuletzt ab dem 01. Januar 1981 als Abteilungsleiter Grundsatz Technologie. Im Sozialversicherungsausweis wird der Arbeitgeber ab dem 01. Juli 1990 mit G- und R-Werke T bezeichnet, ab dem 01. Januar 1991 mit S Anlagenbau T GmbH. Ab dem 01. Oktober 1976 entrichtete er Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) der DDR.

Mit Bescheid vom 02. September 2004 lehnte die Beklagte die Feststellung der Zeit vom 01. Juli 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG ab, weil der Kläger die Voraussetzungen des § 1 AAÜG nicht erfülle. Es habe weder eine positive Versorgungszusage vorgelegen noch habe er am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt, die dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen gewesen wäre. Die am 30. Juni 1990 im VEB G- und R-Werke T ausgeübte Beschäftigung entspreche zwar der technischen Qualifikation, jedoch sei sie nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2005 zurück. Am 30. Juni 1990 habe der Kläger eine Beschäftigung bei dem früheren VEB G- und R-Werke T ausgeübt. Dieser Betrieb sei schon vor dem 30. Juni 1990 privatisiert worden. Deshalb habe es sich bei dem Betrieb nicht mehr um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) behandelt. Der Betrieb sei einem volkseigenen Produktionsbetrieb auch nicht gleichgestellt gewesen i. S. von § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung (DB) vom 24. Mai 1951. Für die Beurteilung der Zugehörigkeit zur AVItech könnten die Individualumstände der Privatisierung nicht berücksichtigt werden. Es komme ausschließlich auf die amtliche Eintragung im Handelsregister an. Nach § 7 der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 01. März 1990 (GBl. I Nr. 14/90, Seite 107) - Umwandlungs-VO - sei die Umwandlung mit der Eintragung der GmbH bzw. der AG in das Register rechtswirksam. Mit der Eintragung sei die GmbH bzw. die AG Rechtsnachfolger des umgewandelten Betriebes. Der vor der Umwandlung bestehende Betrieb sei damit erloschen. Das Erlöschen des Betriebes sei von Amts wegen in das Register der volkseigenen Wirtschaft einzutragen gewesen. Die Rechtsfähigkeit des VEB G- und R-Werke T sei am 26. Juni 1990 erloschen.

Mit der dagegen bei dem Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, die Eintragung der G- und R-Werke T GmbH als Rechtsnachfolger des VEB G- und R-Werke T seit entgegen der Auffassung der Beklagten nicht bereits am 26. ...

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