Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung. Außerordentliche Beschwerde. Erinnerung. Kostenfestsetzung. Gebührenrahmen für eine Untätigkeitsklage. doppelte Mindestgebühr
Orientierungssatz
1. Eine außerordentliche Beschwerde zum Landessozialgericht gegen eine unanfechtbare Entscheidung des Sozialgerichts kommt spätestens seit Inkrafttreten der Vorschriften über die Anhörungsrüge nicht mehr in Betracht (Vergleiche BSG, Beschluss vom 07.04.2005 - B 1 KR 5/04 S -).
2. In sozialgerichtlichen Verfahren ist eine Vergütung der Untätigkeitsklage mit lediglich der doppelten Mindestgebühr angemessen, wenn die Untätigkeitsklage nur der Erzwingung des Fortgangs des Verfahrens dient und darauf gerichtet ist, überhaupt eine Entscheidung der beklagten Behörde herbeizuführen.
Tenor
Die “außerordentliche Beschwerde„ der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. April 2007 wird als unzulässig verworfen.
Gründe
Die außerordentliche Beschwerde der Klägerin ist unstatthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 18. April 2007 über die Zurückweisung der Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten vom 02. März 2007 mit der Begründung, dass darin bei einem von 40 € bis 460 € zur Verfügung stehenden Gebührenrahmen nach Nr. 3102 Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) für eine Untätigkeitsklage nach § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nur eine doppelte Mindestgebühr in Höhe von 80 € angesetzt worden ist.
Für eine inhaltliche Befassung des Landessozialgerichts ist angesichts der gesetzlichen Regelung des § 197 Abs. 2 SGG kein Raum. Denn danach entscheidet das SG endgültig über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss (§ 197 Abs. 1 SGG). Es geht der Klägerin auch nicht um eine Gegenvorstellung gegen eine Entscheidung des SG, sondern darum, dass ein Beschluss des SG mit einer vom Gesetz nicht vorgesehenen Eingabe beanstandet wird.
Außerhalb des geschriebenen Rechts geschaffene außerordentliche Rechtsbehelfe verstoßen gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtsmittelklarheit (vgl. BVerfG Plenum, Beschluss vom 30. April 2003, 1 PBvU 1/02 = SozR 4-1100 Art 103 Nr. 1). Es kann dahinstehen, ob ein solcher auf eine sog. "greifbare Gesetzwidrigkeit" gestützter Rechtsbehelf im Sozialgerichtsprozess bereits seit Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I 1887, 1892) mit der Einfügung des § 321a Zivilprozessordnung iVm § 202 SGG nicht mehr statthaft war, bzw. ob dies jedenfalls seit Schaffung des der genannten Regelung nachgebildeten § 178a SGG zum 1. Januar 2005 (BGBl. 2004 I 3220) der Fall ist (vgl. BSG, Beschlüsse vom 15. August 2005, B 1 A 1/04 S, veröffentlicht in juris, und vom 7. April 2005, B 1 KR 5/04 S = SozR 4-1500 § 178a Nr. 1). Das Vorbringen der Klägerin bietet im Übrigen unabhängig von alledem keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbare Gesetzwidrigkeit des SG-Beschlusses. Insbesondere kann in sozialgerichtlichen Verfahren auch eine Vergütung der Untätigkeitsklage mit nur der doppelten Mindestgebühr angemessen sein, wenn die Untätigkeitsklage nur der Erzwingung des Fortgangs des Verfahrens dient und darauf gerichtet ist, überhaupt eine Entscheidung des Beklagten herbeizuführen. Aus dem von der Klägerin zitierten Beschluss des Sächsischen LSG vom 02. Juli 2004 (L 2 B 73/03 AL-PKH, veröffentlicht in juris) ergibt sich nicht, dass bei Untätigkeitsklagen stets das Vierfache der Mindestgebühr zu erstatten ist. Sowohl der Urkundsbeamte als auch das SG Berlin haben schlüssig und nachvollziehbar begründet, aufgrund welcher Bemessungskriterien des § 14 RVG nur die doppelte Mindestgebühr der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG als billig angesehen worden ist.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Fundstellen