Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Statthaftigkeit der Beschwerde. allgemeiner Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts. hinreichende Aussicht auf Erfolg. Entscheidungszeitpunkt. Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sanktionsbescheid. Anforderungen an Bezeichnung von Arbeitsgelegenheiten. Rechtsfolgenbelehrung
Orientierungssatz
1. Der allgemeine Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts, wonach eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten erfasst, erfährt aber aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes - Aspekte des Rechtsstaatsprinzips, Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - jedenfalls in Fällen ohne ausdrückliche gegenteilige Regelung eine Ausnahme dahingehend, dass bereits rechtshängige Rechtsmittel statthaft bleiben, auch wenn das Rechtsmittel nachträglich beschränkt wird (vgl. Bundesverfassungsgericht , Beschluss vom 7. Juli 1992 - 2 BvR 1631/90, 1728/90; Beschluss des Senats vom 8. Januar 2009 - L 25 B 2022/07 AS).
2. Zwar ist für die im Prozesskostenhilfeverfahren geforderte Erfolgsprognose grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abzustellen. Dies kann aber dann nicht gelten, wenn die Entscheidung durch das Gericht grundlos verzögert wird und sich zwischenzeitlich die Sach- oder Rechtslage zum Nachteil des Antragstellers geändert hat. Abzustellen ist in diesem Fall auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Antrags, zu dem das Prozesskostenhilfegesuch einschließlich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den dazu gehörigen Belegen vollständig bei Gericht eingegangen ist, oder den Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Antrags, zu dem die erforderlichen Entscheidungsgrundlagen vorliegen und das Gericht über das Gesuch bereits hätte entscheiden können.
3.Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines Sanktionsbescheides zur Absenkung des Arbeitslosengeldes ist, dass der Antragsteller über die Rechtsfolgen belehrt wurde.
4.Nachteilige Folgerungen aus dem Verhalten des Leistungsempfängers können nur gezogen werden, wenn der Leistungsträger das jeweilige Angebot genau bezeichnet hat (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 60/07 R). Auch der Sanktionsmechanismus des § 31 SGB II setzt voraus, dass dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine hinreichend bestimmte Arbeitsgelegenheit angeboten wird.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird Ziffer 3. des Beschlusses des Sozialgerichts Potsdam vom 29. Dezember 2009 aufgehoben. Dem Kläger wird für das Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes erster Instanz Prozesskostenhilfe ohne Festsetzung von Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlenden Beträgen unter Beiordnung von Rechtsanwalt H-W S, Z, J bewilligt.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 29. Dezember 2009 ist zulässig. Sie ist insbesondere auch statthaft. Dem steht nicht § 172 Abs. 3 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in seiner ab dem 11. August 2010 geltenden Fassung entgegen. Die Beschwerde ist danach ausgeschlossen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre; dies gilt auch für Entscheidungen über einen Prozesskostenhilfeantrag im Rahmen dieser Verfahren. Vorliegend wäre die Beschwerde nach dieser Vorschrift zwar ausgeschlossen. Hier ist indes § 172 Abs. 3 SGG in seiner bis zum 10. August 2010 geltenden Fassung anzuwenden.
Zwar ist § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ohne Übergangsregelung nach Artikel 6 und 12 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 5. August 2010 (BGBl. I S. 1127) geändert worden. Der allgemeine Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts, wonach eine Änderung des Verfahrensrechts grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten erfasst, erfährt aber aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes - Aspekte des Rechtsstaatsprinzips, Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) - jedenfalls in Fällen ohne ausdrückliche gegenteilige Regelung eine Ausnahme dahingehend, dass bereits rechtshängige Rechtsmittel statthaft bleiben, auch wenn das Rechtsmittel nachträglich beschränkt wird (vgl. Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫, Beschluss vom 7. Juli 1992 - 2 BvR 1631/90, 1728/90 - BVerfGE 87, 48, 63 ff.; Beschluss des Senats vom 8. Januar 2009 - L 25 B 2022/07 AS - juris). Die Beschwerde hier ist hier am 25. Januar 2010 eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war sie statthaft.
Nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in der demnach hier anzuwendenden Fassung ist die Beschwerde nur ausgeschlossen gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Hier hat indes das Sozialgericht die Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussichten in der Hauptsache abgelehnt, so dass § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht greift.
Ein Beschwerdeausschluss folgt auch nicht aus einer analogen Anwendung des § ...