Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Beschwerde über Nichtzulassung der Berufung. Verfahrensfehler. Klagerücknahmefiktion. kein grundsätzlicher Nachrang der Betreibensaufforderung

 

Leitsatz (amtlich)

Es besteht kein grundsätzlicher Nachrang der Betreibensaufforderung gegenüber anderen Maßnahmen des Gerichts, etwa einer Fristsetzung nach § 106a SGG.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 5. September 2018 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beteiligten

einander nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) stehende Kläger erhob mit Eingang bei Gericht am 12. November 2012 Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 4. Juni 2012 in der Fassung von Änderungsbescheiden und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2012 und führte zur Begründung aus, dass Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe und die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens begehrt würden. Auf Nachfragen des Gerichts, womit die Klage begründet werde, und eine sog. Betreibensaufforderung nach § 102 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hin wurde für den Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2014 ausgeführt, dass insbesondere die durch die Heizanlage verursachten Kosten für Strom nicht in Ansatz gebracht worden seien, ohne Strom sei jedoch ein Betrieb der Wärmepumpe und somit ein Heizen unmöglich. Mit Schreiben vom 12. April 2016, dem Kläger-Bevollmächtigten zugegangen am 14. April 2016, teilte das Gericht daraufhin mit, dass für den geltend gemachten Bedarf für Heizstrom weitergehende Ermittlungen erforderlich seien. Das Gericht folge derzeit nicht der in Teilen der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, wonach der Heizstrom mit 5 % der Brennstoffkosten anzusetzen sei. Es bedürfe deshalb wohl einer Schätzung der Stromkosten unter Berücksichtigung der konkreten Heizungsanlage. Es werde um Übersendung einer Kopie der Bedienungsanleitung der im streitigen Zeitraum Mai bis Oktober 2012 verwendeten Heizungsanlage und der hierbei eingesetzten Heizungspumpen sowie um Vorlage einer Abrechnung über die Stromkosten für das Jahr 2012 gebeten. Nach einer erfolglos gebliebenen Erinnerung forderte das Gericht mit Schreiben vom 29. August 2016, dem Bevollmächtigten des Klägers zugegangen am 30. August 2016, zur Erledigung der Verfügung vom 12. April 2016 auf. Es werde darauf hingewiesen, dass nach § 102 Abs. 2 SGG die Klage als zurückgenommen gelte, wenn die Klägerseite das Verfahren trotz der Aufforderung länger als drei Monate nicht betreibe. Diese Klagerücknahmefiktion erledige den Rechtsstreit in der Hauptsache. Erst mit Schriftsatz vom 3. August 2017 wurden in der Folgezeit die angeforderten Unterlagen übermittelt.

Mit Urteil vom 5. September 2018 hat das Sozialgericht Cottbus festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache durch Rücknahme der Klage erledigt ist und die Berufung nicht zugelassen.

Gegen dieses Urteil, das der Kanzlei des Klägerbevollmächtigten am 17. September 2018 zugestellt, von diesem jedoch erst am 23. Oktober 2018 zur Kenntnis genommen wurde, wendet sich der Kläger mit der am selben Tag eingegangenen Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts vom 5. September 2018 ist nicht begründet.

Gemäß § 144 Abs. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes, also dessen, was mit der Berufung weiterverfolgt wird, bei einer Geld- oder Sachleistung oder einem entsprechenden Verwaltungsakt 750 € nicht übersteigt und es sich nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr handelt. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts ist nicht bereits grundsätzlich berufungsfähig. Ein bezifferter Antrag war nicht gestellt worden. Bei einem unbezifferten Antrag muss das Gericht den Wert ermitteln (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 144 Rd. 15b m.w.N.) bzw. diesen anhand des wirtschaftlichen Interesses des Klägers am Ausgang des Rechtsstreits schätzen (§ 202 SGG i.V.m. § 3 Zivilprozessordnung). Vorliegend ist die Berufungssumme ersichtlich nicht erreicht, wie im Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. März 2018 zum Aktenzeichen L 32 AS 88/18 B PKH dargestellt, den Ausführungen in dem Beschluss schließt sich der Senat an. Auch ist nicht auf den fortdauernden Leistungsbezug abzustellen, da es vorliegend lediglich um den Zeitraum von Mai bis Oktober 2012 geht und sich anschließende Zeiträume nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr sind damit auch nicht Gegenstand des Verfahrens.

Die Berufung war nicht zuzulassen. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist...

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