Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung: Rente wegen Erwerbsminderung. somatoforme Störung als Ursache einer Erwerbsminderung

 

Orientierungssatz

1. Eine Somatisierungsstörung, die maßgeblich aufgrund des als Belastung empfundenen Bedeutungsverlustes wegen Arbeitslosigkeit entstanden ist, stellt keine quantitative Leistungsminderung dar, die eine teilweise oder vollständige Erwerbsminderung begründet. Dies gilt auch bei Personen, die nicht dem deutschen Kulturkreis angehören.

2. Einzelfall zur Beurteilung des Vorliegens einer (teilweisen)Erwerbsminderung.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1954 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt und arbeitete u. a. als Reinigungskraft und Maschinenarbeiter. Zuletzt war er nach eigenen Angaben als Hauswart beschäftigt. Seit dem 01. Januar 2005 bezieht er Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II).

Vom 10. April bis zum 22. Mai 2007 befand er sich im Rahmen einer stationären medizinischen Rehabilitation in der psychosomatischen Abteilung der B-Klinik. An diesen Aufenthalt schloss sich vom 05. Juli 2007 bis zum 17. Januar 2008 eine weiterführende ambulante Gruppentherapie (türkischsprachige Gruppe) in derselben Klinik an. In dem Entlassungsbericht vom 08. Juni 2007 sowie dem Abschlussbericht vom 19. März 2008 wurden u. a. eine Dysthymia sowie eine Angststörung/Panikstörung nebst rezidivierenden Spannungskopfschmerzen diagnostiziert. Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch täglich sechs Stunden und mehr belastbar für körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Arbeiten in Nachtschicht sowie ohne Überkopfarbeiten.

Am 02. April 2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und legte Atteste des behandelnden Neurologen und Psychiaters K vom 17. Februar 2009, des Orthopäden Dr. S vom 03. März 2009 sowie des Hals-, Nasen-, Ohrenarztes Dr. R vom 19. März 2009 vor. Die Beklagte veranlasste eine allgemeinmedizinische Begutachtung durch Dr. M. Dieser gelangte in seinem Gutachten vom 05. August 2009 zu der Einschätzung, der Kläger sei im Hinblick auf ein chronisch rezidivierendes Halswirbelsäulensyndrom bei Bandscheibenprotrusion C3/4 und C4/5 ohne Funktionsminderung, einen beidseitigen Tinnitus, einen Verdacht auf Gastritis bei unklaren Oberbauchbeschwerden, einen Verdacht auf Fersensporn beidseits und einen Verdacht auf Anpassungsstörungen noch täglich sechs Stunden und mehr leistungsfähig für körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten in allen Haltungsarten unter Beachtung weiterer qualitativer Leistungseinschränkungen. Die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Fachgutachtens sei erforderlich. In dem anschließend von Dr. K am 12. Oktober 2009 erstellten neurologisch-psychiatrischen Gutachten stellte dieser eine anhaltende reaktive depressive Störung, eine Somatisierungsstörung, eine nicht-organische Schlafstörung, einen Tinnitus aurium sowie ein zervikocephales Syndrom fest. Der Kläger könne noch körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten sowie leichte geistige Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit sowie das Reaktionsvermögen und ohne Verantwortung für Personen und Maschinen im Wechsel der Haltungsarten unter Beachtung weiterer qualitativer Leistungseinschränkungen täglich sechs Stunden und mehr verrichten.

Die Beklagte lehnte daraufhin die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung mit Bescheid vom 28. Oktober 2009 ab. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2009 zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben und u. a. vorgetragen, er leide unter Angstzuständen, die ihn am Verlassen der Wohnung hinderten. Außerdem leide er unter somatischen Störungen, die die Beklagte nicht ausreichend berücksichtigt habe: u. a. Tinnitus, Schwindel, Vergesslichkeit, Zungenbrennen, Magenschmerzen, Kopfschmerzen, Darmverwachsungen und Fersensporn. Er sei vor kurzem wegen eines Lipoms operiert worden und könne ferner keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen.

Das SG hat zunächst Befundberichte des Urologen Dr. I vom 14. Januar 2011, des Dr. S vom 14. Januar 2011, des Dr. R vom 18. Januar 2011, des Internisten Dr. B vom 14. Januar 2011 und des Dr. K vom 07. Februar 2011 eingeholt

Anschließend hat es den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie - Neurophysiologie - Prof. Dr. K mit der Erstellung eines Gutachtens betraut. In seinem am 18. Mai 2011 erstellten Gutachten ist er zu dem Schluss gelangt, bei dem Kläger lägen auf seinem Fachgebiet eine Dysthymie sowie eine Persönlichkeit mit verstärkter Impulsivität und gekränktem Selbstwertgefühl vor. Körperliche Beeinträchtigungen bestünden aufgrund der Beschwerden nach Leistenbruch-Op...

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