Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. ungeklärte Erwerbsfähigkeit. Nachrang der Sozialhilfe. vorläufige Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende

 

Orientierungssatz

1. Die Leistungen der Sozialhilfe sind gegenüber der Grundsicherung für Arbeitsuchende des SGB II gemäß § 21 S. 1 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Ist der Hilfebedürftige dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II, ist es ihm grundsätzlich zuzumuten, sich zunächst an den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu wenden, dort um Leistungen nachzusuchen und so seine Hilfebedürftigkeit abzuwenden.

2. Der Bezug von Leistungen nach dem SGB XII bleibt auch dann ausgeschlossen, wenn sich der Hilfebedürftige entgegen seiner Mitwirkungspflicht weigert, den nach § 37 Abs 1 SGB II für den Bezug der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erforderlichen Antrag zu stellen (so auch: Beschlüsse des Landessozialgerichts Hamburg vom 28. Januar 2005 - L 3 B 16/05 ER SO - und vom 22. März 2005 - L 3 B 46/05 ER SO -, Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. Juni 2005 - L 7 SO 1840/05 ER-B -).

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. September 2005 und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII) in Form von Hilfen zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Antragsteller.

Der am … 1950 geborene Antragsteller erhielt bis zum 31. Dezember 2004 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) vom Amt Barnim-Oderbruch.

Mit Bescheid vom 09. November 2004 stellte das Amt Barnim-Oderbruch die laufenden Leistungen nach dem BSHG ab dem 01. Januar 2005 ein und wies den Antragsteller auf die Zuständigkeit der Agentur für Arbeit hin. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein wegen “ … Unrechtmäßigkeit, Erwerbsunfähigkeit nach SGB XII sowie Antragstellung auf Grundsicherungsrente …„.

Am 07. Januar 2005 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner Sozialhilfe gemäß SGB XII sowie Grundsicherungsrente mit der Begründung, er sei zu einer Erwerbstätigkeit außerstande, weil er erwerbsunfähig sei. Mit Schreiben vom 10. Januar 2005 forderte ihn der Antragsgegner zur Einreichung weiterer Unterlagen auf und teilte ihm mit, dass sich aus den eingereichten Unterlagen kein Anhaltspunkt für eine dauerhafte Erwerbsminderung ergebe und dass beabsichtigt sei, den Antrag zur Feststellung der Erwerbsminderung an den zuständigen Rentenversicherungsträger weiterzuleiten.

Mit Schreiben vom 11. Januar 2005 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass sein Widerspruch voraussichtlich keinen Erfolg haben werde, da gemäß § 21 SGB XII Personen, die nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Erwerbsfähige dem Grunde nach leistungsberechtigt seien, keine Leistungen für den Lebensunterhalt nach SGB XII erhielten. Mit dem Hinweis, dass weder die Agentur für Arbeit noch der Rentenversicherungsträger eine Erwerbsunfähigkeit festgestellt hätten, riet der Antragsgegner dem Antragsteller, einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld II bei der Agentur für Arbeit in Seelow zu stellen. Dem ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Anlässlich einer persönlichen Vorsprache beim Antragsgegner am 25. Januar 2005 erklärte er, “er gehe nicht zum Arbeitsamt„.

Am 30. Juni 2001 hat der Antragsteller vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt und Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren. Er hat zudem Unterlagen eingereicht über einen stationären Klinikaufenthalt im Jahr 2003, ärztliche Unterlagen und Berichte aus den Jahren 1991 bis 1999 und einen Bescheid des Landesamtes für Soziales und Versorgung vom 21. Dezember 2004, mit dem der bei dem Antragsteller vorliegende Grad der Behinderung auf 60 festgestellt wird. Eine Klage vor dem Sozialgericht Regensburg zur Feststellung der Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit sei 1997 abgewiesen worden.

Der Antragsgegner hat erstinstanzlich beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Ein Nachweis für die behauptete Erwerbsminderung liege nicht vor, eigene Feststellungen des Antragsgegners seien aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Antragstellers nicht möglich gewesen. Schließlich habe gemäß § 44 a SGB II die Agentur für Arbeit festzustellen, ob beim Antragsteller eine Erwerbsminderung vorliege und bis zur Entscheidung Leistungen der Grundsicherung zu erbringen.

Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 21. September 2005 zurückgewiesen. Die Verweisung des Antragstellers auf die Leistungsbeantragung nach dem SGB II sei nicht zu beanstanden. Da die Antragstellung beim SGB I...

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