Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss von Leistungen nach dem SGB 2 bei Förderungsfähigkeit nach BAföG

 

Orientierungssatz

Solange der Antragsteller eine in § 2 Abs. 1 BAföG genannte Bildungseinrichtung besucht, hat er keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB 2. Dabei kommt es nur darauf an, ob die Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig ist und nicht darauf, ob im konkreten Fall Leistungen nach dem BAföG zustehen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird als unzulässig verworfen, soweit sie Zeiträume vor Erlass dieser Entscheidung betrifft.

Im Übrigen werden auf die Beschwerde der Antragsgegnerin der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 4. Mai 2006 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde des Antragsgegners ist als unzulässig zu verwerfen, soweit sie zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits in der Vergangenheit liegende Zeiträume betrifft (§ 572 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO] i.V.m. § 202 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]); insoweit fehlt ihr das erforderliche Rechtsschutzinteresse.

Die (einstweilige) Anordnung des Sozialgerichts hat sich insoweit erledigt. Die Antragsgegnerin hat kein rechtlich schützenswertes Interesse an ihrer Aufhebung. Sie war aufgrund dieser Anordnung und der Ablehnung der Aussetzung ihrer Vollziehung verpflichtet, vorläufig Leistungen zu erbringen. Soweit es ihr darum gehen sollte, dementsprechend ausgezahlte Beträge zurückzuerhalten und festgestellt zu wissen, dass sie - endgültig - nicht zur Gewährung dieser Leistung verpflichtet sei, steht das gerichtliche Eilverfahren dafür nicht zur Verfügung.

Eine einstweilige Anordnung ist stets nur ein Rechtsgrund für das vorläufige Behaltendürfen einer daraufhin erbrachten Leistung. Ob dem von der einstweiligen Anordnung Begünstigten diese Leistung endgültig zusteht, ist gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren zu klären, sofern die Entscheidung der Behörde nicht ohnehin bestandskräftig wird (so bereits Beschlüsse des Senats vom 4. November 2005 - L 14 B 1147/05 AS ER - und vom 2. Februar 2006 - L 14 B 1307/05 AS ER - im Anschluss an den Beschluss des Thüringischen OVG vom 17. Juli 1997 - 2 ZEO 356/97 -, FEVS 48 [1998], 129 [130]; ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Dezember 2005 - L 10 B 1144/05 AS ER -; vgl. auch OVG Berlin, Beschluss vom 15. September 1997 - 2 SN 11/97 -, NVwZ 1998, 85).

Im Übrigen - soweit in der Zukunft liegende Zeiträume betroffen sind - ist die Beschwerde zulässig (§§ 172 Abs. 1, 173 Satz 1 SGG) und begründet. Ein Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht.

Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II) haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes “dem Grunde nach„ förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs. Aufgrund dieser Bestimmung kann die Antragstellerin von der Antragsgegnerin keine Leistungen beanspruchen.

Es kann offen bleiben, ob die Überlegung des Sozialgerichts zutreffend ist, § 7 Abs. 5 SGB II finde - aufgrund der Regelung in § 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II - auch dann keine Anwendung auf Auszubildende, wenn - außer “auf Grund von § 2 Abs. 1 a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes„ (BAFöG) - auch aus weiteren (persönlichen) Gründen (Überschreiten der Förderungshöchstdauer, Lebensalter, ausländische Staatsangehörigkeit o.a.) kein Anspruch auf Ausbildungsförderung besteht. Selbst wenn dies richtig wäre, wären der Antragstellerin nur dann Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs zu gewähren, wenn sie eine in § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAFöG bezeichnete Ausbildungsstätte besuchen würde; denn nur dann könnte “auf Grund von § 2 Abs. 1 a BAFöG„ kein Anspruch auf Ausbildungsförderung bestehen. Dies ist aber nicht der Fall. Die Antragstellerin besucht vielmehr - wie sich auch aus der Auskunft der E-F-Schule vom 6. Juni 2006 ergibt - eine in § 2 Abs. 1 Nr. 2 BAFöG genannte Bildungseinrichtung (Berufsfachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossenen Berufsausbildung nicht voraussetzt und die in einem mindestens zweijährigen [vorliegend sogar dreijährigen] Bildungsgang einen berufsqualifizierenden Abschluss [vorliegend staatlich geprüfte Hauswirtschaftsassistentin] vermittelt).

Diese Ausbildung ist “dem Grunde nach„ - unabhängig davon, ob die Antragstellerin bei ihren Eltern bzw. bei ihrer Mutter wohnt - im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes förderungsfähig, so dass die Antragstellerin keinen Anspruch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs hat, ohne dass es darauf ankommt, ob ihr Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zustehen.

Darüber, ob ihr möglicherweise - wegen Vorliegens eines “besonderen Härtefalls„ - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen zu gewähren sind (§ 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II; auf diese Möglichkeit hatte bereits die Antragsgegnerin im Widerspruch...

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