Entscheidungsstichwort (Thema)

Statthaftigkeit der Berufung bei laufenden Leistungen

 

Orientierungssatz

1. Gegen Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung nicht statt, wenn diese wiederkehrende oder laufende Leistungen für nicht mehr als ein Jahr betrifft. Ist die Bewilligung durch Aufhebungsbescheid aufgehoben worden, so ist für die Dauer das Ende des Bewilligungszeitraumes maßgebend.

2. Will das Sozialgericht die Berufung zulassen, so ist hierzu dessen ausdrückliche Erklärung erforderlich. Der Irrtum des Gerichts, einer Zulassung der Berufung bedürfe es nicht, weil sie ohnehin statthaft sei, ist rechtlich unbeachtlich. Eine dennoch erteilte Rechtsmittelbelehrung, die Berufung sei statthaft, führt nicht zur Zulässigkeit der Berufung.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. November 2004 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. November 2004 wird abgelehnt.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Der Kläger begehrt die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes.

Der 1949 geborene Kläger, der vom 1. Juni bis 30. September 2003 als Versuchstechniker beschäftigt war, meldete sich am 23. September (mit Wirkung zum 1. Oktober 2003) arbeitslos. Die Beklagte bewilligte ihm unter Berücksichtigung der Steuerklasse IV und eines Kindes mit Bescheid vom 2. Oktober 2003 Arbeitslosengeld ab dem 1. Oktober 2003 in Höhe von 250,67 € wöchentlich (Leistungsgruppe A, erhöhter Leistungssatz); dabei legte sie - ausgehend von einem in der Zeit vom 1. Oktober 2002 bis 30. September 2003 erzielten Arbeitsentgelt von insgesamt 34.560 € - ein (ungerundetes) Bemessungsentgelt in Höhe von 662,07 € (gerundet: 660 €) zugrunde.

Der Kläger legte am 29. Oktober 2003 Widerspruch ein. Seinem monatlichen Durchschnittsverdienst in Höhe von (34.560: 12 =) 2.880 € entspreche ein gerundetes wöchentliches Bemessungsentgelt von 665 €.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2003 zurück. Das vom Kläger in der Zeit vom 1. Oktober 2002 bis 30. September 2003 erzielte Bruttoarbeitsentgelt (34.560 €) sei durch die entsprechende Zahl der Wochen (52,2) zu teilen. Danach ergebe sich ein wöchentliches Bemessungsentgelt in Höhe von 662,07 € (gerundet: 660 €).

Zur Begründung seiner am 23. Dezember 2003 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, dass sein in 12 Monaten erzieltes Arbeitsentgelt durch 52 zu teilen sei, so dass sich ein Bemessungsentgelt in Höhe von 665 € ergebe. Darüber hinaus hätte die Beklagte den von ihr ermittelten Betrag (662,07 €) nach § 132 Abs. 3 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB III) “auf„ den nächsten durch fünf teilbaren Euro-Betrag, also 665 € runden müssen.

Die Beklagte, die dem Kläger nach einer Änderung der Steuerklasse mit Wirkung zum 1. Januar 2004 (von I in II) ab dem 1. Januar 2004 Arbeitslosengeld nach der Leistungsgruppe B in Höhe von 262,85 € (erhöhter Leistungssatz) gewährt hat, hat gemeint, dass der Kläger sein Arbeitsentgelt in 52,2 Wochen erzielt habe. Deshalb sei dieser Divisor anzuwenden.

Wegen des Bezugs von Krankengeld hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Bescheid vom 18. Mai 2004 ab dem 13. Mai 2004 auf.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 24. November 2004 abgewiesen. Nach § 130 Abs. 1 SGB III umfasse der “Bemessungsrahmen„ 52 Wochen. Der Entgeltabrechnungszeitraum werde aus den Entgeltabrechnungszeiträumen gebildet, die in den Bemessungsrahmen fielen. Nur volle Entgeltabrechnungszeiträume könnten zugrunde gelegt werden. Mithin umfasse dieser Rahmen die Zeit vom 1. Oktober 2002 bis 30. September 2003. In dieser Zeit habe der Kläger ein “Bemessungsentgelt„ von 34.560 € erzielt. Bemessungsentgelt sei nach § 132 Abs. 1 SGB III das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Entgelt. Der Divisor ergebe sich nach § 132 Abs. 2 SGB III aus der Zahl der Wochen, für die das Bemessungsentgelt erzielt worden sei. Der Kläger habe das Bemessungsentgelt von 34.560 € nicht in 52, sondern in 52,2 Wochen erzielt. Danach ergebe sich ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 662,07 €. Dieses sei nach § 132 Abs. 3 SGB III auf 660 € zu runden. Mit dem Begriff des “Rundens auf den nächsten„ maßgebenden Betrag sei nicht nur Aufrunden, sondern die Möglichkeit des Auf- und Abrundens in Anwendung der üblichen Kriterien gemeint, wie das Bundessozialgericht bereits zu § 112 Abs. 9 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) entschieden habe (Hinweis auf Urteil vom 1. April 1993 - 7 RAr 68/92 -). Zum Schluss der Entscheidungsgründe des Sozialgerichts heißt es: “Da die Anspruchsdauer 600 Tage umfasst, ist die Berufung gegen dieses Urteil nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG zulässig. Die Berufung betrifft eine laufende Leistung für mehr als ein Jahr.„

Dem Urteil ist die Belehru...

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