Entscheidungsstichwort (Thema)
ALG II. Zuwendungen Dritter. Einnahmen. Zweckbestimmung. Darlehen. Streitgegenstand. Einkommen. Anschaffung eines Autos. Schonvermögen. Einstweilige Anordnung
Leitsatz (redaktionell)
Erhält ein Leistungsberechtigter nach dem SGB II von einem privaten Dritten Geld zur Anschaffung eines gebrauchten Autos, so handelt es sich um eine zweckbestimmte Einnahme, die nicht als Einkommen anzurechnen ist.
Normenkette
SGB II §§ 7, 11 Abs. 3 Nr. 1, § 12 Abs. 3 Nr. 2; Alg-II-VO § 2 Abs. 3 S. 3; SGG § 86b Abs. 2 S. 2, § 96
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 5. März 2008 aufgehoben. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für die Monate Februar und März 2008 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich jeweils 276,05 € zu gewähren.
Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, Anordnungsanspruch und -grund liegen vor.
Streitig ist vorliegend nur der Zeitraum Februar bis März 2008. Lediglich über diesen Zeitraum hat das Sozialgericht entschieden, wie sich aus dem Hinweis in dem angefochtenen Beschluss ergibt, dass der Antragsteller nach Ablauf des 31. März 2008 erneut um einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht nachsuchen könne. Das Sozialgericht konnte in der Sache auch nur über den Zeitraum bis zum 31. März 2008 entscheiden, weil nur insoweit zum Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem Sozialgericht schon ein Bescheid des Antragsgegners vorlag. Eine nachfolgende Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch - SGB II - für anschließende Zeiträume wäre nicht entsprechend § 96 SGG Gegenstand eines in der Hauptsache anhängigen Verfahrens geworden (vgl. Bundessozialgericht - BSG - , Urteil v. 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R -). Gleiches muss für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gelten, da in einem solchen nur das gewährt werden kann, was auch bei einer Entscheidung in der Hauptsache möglich wäre. Eine interessengerechte Auslegung hat davon auszugehen, dass der Antragsteller kein offensichtlich unzulässiges Rechtsschutzbegehren verfolgen will. Aus diesem Grund beschränkt sich sein Antrag auf die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung weiterer Leistungen nur für die Monate Februar und März 2008.
Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass er für die Monate Februar und März 2008 Anspruch auf weitere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach den §§ 7, 19 SGB II hat. Der Antragsgegner hat in seinem als vorläufig bezeichneten Bescheid vom 16. Oktober 2007 festgestellt, dass der Antragsteller ohne Berücksichtigung eigener Einnahmen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 421,28 Euro hat, ohne dass insoweit die Fehlerhaftigkeit der Berechnungen ersichtlich wäre oder geltend gemacht würde. Für die Monate Februar und März hat er dann nach seinem Bescheid über die abschließende Berechnung der Leistungen vom 23. Januar 2008 und dem Stundungsbescheid vom 6. Februar 2008 nur jeweils 145,23 Euro ausgezahlt, weil er auf dem Konto des Antragstellers in der Zeit von Juli bis August 2007 eingegangene Überweisungen in Höhe von 3.642,78 Euro als anzurechnende Einnahmen in Höhe von monatlich 316,07 Euro angesehen hat, aus denen sich nach Abzug der Versicherungspauschale in Höhe von 30,- Euro und den Kosten für KFZ-Haftpflicht ein Betrag von monatlich 276,05 ergebe. Diese einbehaltene Differenz (monatlich 276,05 Euro) ist dem Antragsteller vorläufig noch zu gewähren. Erst in einem Hauptsacheverfahren kann endgültig geklärt werden, ob es sich bei den Überweisungen um zu berücksichtigende Einnahmen handelt.
Es erscheint schon fraglich, ob die Zahlungen als Einnahmen anzusehen sind, da der Antragsteller behauptet, sie lediglich als Darlehen erhalten zu haben, und darlehensweise gewährte Leistungen möglicherweise als einkommensneutral angesehen werden müssen, weil sie von vornherein mit der Pflicht zur Rückgewähr belastet sind (vgl. BSG, Urt. v. 13. Juni 1985 - 7 RAr 27/84 - ). Aber auch wenn die Zahlungen als Einnahmen anzusehen wären, könnte ihrer Anrechnung noch entgegenstehen, dass sie als zweckbestimmte Zahlungen zu werten sind.
Nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II sind zweckbestimmte Einnahmen, die einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gere...