Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Übernahme der Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung. Höhe des Zuschusses nach § 26 Abs 1 S 1 SGB 2. Begrenzung auf den halbierten Beitrag für den Basistarif. Nichtanwendbarkeit von § 21 Abs 6 SGB 2
Orientierungssatz
1. Der Zuschuss zum Beitrag für eine private Krankenversicherung ist begrenzt auf die Höhe des nach § 152 Abs 4 VAG 2016 halbierten Beitrags für den Basistarif in der privaten Krankenversicherung, den Hilfebedürftige zu leisten haben (vgl BSG vom 6.6.2023 - B 4 AS 5/22 R = SozR 4-4200 § 26 Nr 5 RdNr 17 ff).
2. Die Regelung über den Härtefallmehrbedarf ( § 21 Abs 6 SGB 2 ) ist nicht anwendbar, wenn es um Bedarfe geht, die der Gesetzgeber außerhalb des Regelbedarfs in einer gesonderten Norm geregelt hat (vgl BSG vom 6.6.2023 - B 4 AS 5/22 R aaO RdNr 28 ).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 27. April 2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Form eines höheren Zuschusses zu den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen (KV-/PV-Beiträge) der Klägerin für die Monate Februar 2018 bis Juli 2018.
Die 1966 geborene Klägerin bewohnt seit Juli 2017 eine Wohnung in Sch-G, für die sie monatlich 550,00 EUR Kaltmiete und 45,00 EUR Betriebskosten zahlen muss. Zum 20. Juli 2017 meldete sie ein Gewerbe an. Sie ist bei dem D K a. G. kranken- und pflegeversichert. Seit 10. Januar 2017 belief sich ihr KV-Beitrag auf 715,55 EUR und der PV-Beitrag auf 44,29 EUR pro Monat. Mit Schreiben vom 20. April 2017 teilte die D mit, dass der Beitrag bei Nachweis der Hilfebedürftigkeit nach dem Basistarif 341,47 EUR bzw. 44,29 EUR betrage.
Der Beklagte wies die Klägerin mit Schreiben vom 10. Mai 2017 darauf hin, dass die Höhe des Zuschusses den halbierten Basistarif betrage. Mit Bescheid vom 2. August 2017 bewilligte er ihr Leistungen nach dem SGB II für die Monate August 2017 bis Januar 2018 einschließlich eines Zuschusses zu ihren KV-/PV-Beiträgen in Höhe von 385,76 EUR pro Monat.
Am 4. Januar 2018 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Weiterbewilligung der Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 14. März 2018 bewilligte der Beklagte ihr vorläufig Leistungen für die Zeit vom 1. Februar 2018 bis 31. Juli 2018 in Höhe von 791,37 EUR. Hierbei berücksichtigte er neben 416,00 EUR Regelbedarf 550,00 EUR Grundmiete, 45,00 EUR Nebenkosten und 9,57 EUR Mehrbedarf Warmwasser sowie 174,00 EUR Einkommen aus selbstständiger Arbeit. Mit weiterem Bescheid vom 14. März 2018 bewilligte der Beklagte der Klägerin einen Zuschuss zu ihren KV-/PV-Beiträgen für die Zeit vom 1. Februar 2017 bis 31. Juli 2018 in Höhe von 341,47 EUR bzw. 44,29 EUR, insgesamt weiterhin 385,76 EUR, pro Monat.
Hiergegen legte die Klägerin am 10. April 2018 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. April 2018 wies der Beklagte diesen als unbegründet zurück. § 26 Abs. 1 SGB II regele, dass bei der Zahlung des Zuschusses für eine private KV maximal ein Zuschuss in Höhe des halben Beitrags für den Basistarif zu übernehmen sei. Im vorliegenden Fall betragen die monatlichen Beiträge zur KV und PV in der Zeit vom 1. Februar 2018 bis 31. Juli 2018 715,55 EUR bzw. 44,29 EUR. Der halbierte Beitrag für den Basistarif in der privaten KV betrage 341,47 EUR. Dieser sei geringer als der tatsächliche Beitrag der Klägerin. In der Folge werden ihr die maximalen Zuschüsse in Höhe von 341,47 EUR für den KV-Beitrag und 44,29 EUR für den PV-Beitrag bewilligt.
Mit ihrer hiergegen am 17. Mai 2018 bei dem Sozialgericht (SG) Potsdam erhobenen Klage hat die Klägerin für den Zeitraum 1. Februar 2018 bis 31. Juli 2018 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von mindestens 374,08 EUR begehrt. Tatsächlich beliefen sich die Kosten für die KV auf 715,55 EUR zzgl. des Betrages für die PV in Höhe von 44,29 EUR. Sie sei nicht im Basistarif versichert, weil sie sich aufgrund ihrer Erkrankung in Behandlung von verschiedenen Ärzten und Heilpraktikern befinde. Die Behandlung bei den Ärzten und Heilpraktikern sei jedoch von einem Basis-/Standardtarif kostentechnisch nicht abgedeckt. Die Differenz zwischen den bereits durch den Beklagten übernommenen Beiträgen zur KV zu den tatsächlichen Beiträgen zur KV stelle daher für sie einen abweichenden Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II dar. Es sei ihr nicht zumutbar, in den Basistarif zu wechseln, da sie durch ihre seit 2009 bestehende jahrelange Versicherung einen Status errungen habe, der dadurch ad hoc wegfiele und den sie nachträglich nicht mehr erreichen könne. Sie befinde sich in laufender psychotherapeutischer Behandlung. Dies könne im Basistarif nicht in de...