Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Ausschluss der Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Nichterreichen des Wertes des Beschwerdegegenstandes in der Hauptsache. keine Prüfung der Zulassungsgründe des § 144 Abs 2 SGG

 

Leitsatz (amtlich)

Unstatthaftigkeit der Beschwerde gegen Beschlüsse im einstweiligen Rechtsschutz, wenn in der Hauptsache nicht Kraft Gesetzes die Berufung ohne weiteres zulässig wäre; keine Prüfung der Zulassungsgründe des § 144 Abs 2 SGG.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 25. August 2010 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde, mit der sich die Antragsteller gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruches gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin wenden, mit dem diese die Übernahme einer Betriebskostennachforderung in Höhe von 83,94 Euro abgelehnt und ein fiktives Guthaben in Höhe von 223,67 Euro aus der Warmwasserabrechnung auf die Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Monat September 2010 leistungsmindernd angerechnet hatte, ist nicht statthaft.

Nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - in der ab 01. April 2008 geltenden Fassung (eingefügt durch Artikel 1 Nr. 29 b Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008, BGBl I Seite 444) sind Beschwerden in Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes u. a. dann nicht statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes in der Hauptsache bei einer eine Geldleistung betreffenden Klage - wie hier - 750,00 Euro nicht übersteigt.

Bei der Prüfung der Statthaftigkeit der Beschwerde ist auf die Beschwer des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Beschluss abzustellen (so auch zur entsprechenden Problematik der Anwendung des § 146 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO - idF. des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege v. 11. Januar 1993 -- BGBl I S. 50 -- iVm. § 131 Abs. 2 VwGO: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 22. Senat, Beschluss vom 17.August 1993, - 22 B 1230/93 -, a. A. auf den tatsächlichen Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens abstellend: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 15. Senat, Beschluss vom 11. Juni 1996, - 15 B 1313/96 -). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG, wonach in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darauf abzustellen ist, ob in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre. Die Zulässigkeit der Berufung einer Hauptsache richtet sich nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG und bemisst sich nach der durch das erstinstanzliche Urteil eingetretenen Beschwer für den Berufungsführer. Dass bei der Prüfung der Zulässigkeit der Beschwerde ebenfalls an die durch den Beschluss eingetretene Beschwer anzuknüpfen ist, entspricht auch der Intention des Gesetzgebers, die Beschwerdemöglichkeit bei wirtschaftlich nicht relevanten Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zur Entlastung der Landessozialgerichte auszuschließen (BT-Drs. 16/7716, Seite 13f. zu 2) c) bb); Seite 22 zu Nr. 29 b)). Die Rechtsschutzmöglichkeit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist nicht gegenüber derjenigen in Hauptsacheverfahren zu privilegieren.

Davon ausgehend ist die Beschwerde der Antragsteller hier nicht statthaft, weil die durch den angefochtenen Beschluss für sie eingetretene Beschwer nicht 750 Euro übersteigt.

Die nach ihrem Wortlaut nicht völlig eindeutige Regelung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ist nach ihrer Systematik dahingehend zu verstehen, dass die Beschwerde dann ausgeschlossen - und damit unzulässig - ist, wenn die Berufung in der Hauptsache nicht Kraft Gesetzes ohne Weiteres zulässig wäre, sondern erst noch der Zulassung bedürfte (ebenso: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07. Oktober 2009 - L 5 AS 293/09 B ER -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29. September 2008, - L 8 SO 80/08 ER; LSG Hamburg, Beschluss vom 1. September 2008 - L 5 AS 79/08 NZB; Hessisches LSG, Beschluss vom 1. Juli 2008 - L 7 SO 59/08 AS ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2. Juli 2008 - L 7 B 192/08 AS ER; jeweils zitiert nach juris). Der entgegenstehenden Auffassung des LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 21. Oktober 2008 - L 6 AS 458/08 ER - Juris; sowohl auch Breitkreuz/Böttiger, SGG, § 172 Rn. 45) folgt der Senat nicht (vgl. ebenso mit ausführlicher Begründung: Hessisches Landessozialgericht Beschluss vom 12. Januar 2009 - L 7 AS 421/08 B ER - Juris).

Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers ist die zum 1. April 2008 in Kraft getretene Beschränkung der Beschwerdemöglichkeit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zur Entlastung der Landessozialgerichte erfolgt. Dieser Zweck sollte durch die Anhebung des Schwellenwertes auf 750,00 € und durch die Einschränkung der Beschwerde in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erreicht werden. Es entspräche daher dem Entlas...

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