Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderversorgung der Angehörigen der Zollverwaltung. ehemalige DDR. keine Berücksichtigung von Verpflegungsgeld sowie Reinigungszuschuss als Arbeitsentgelt
Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung im Urteil vom 12.7.2016 - L 2 R 772/12 fest. Im Wesentlichen sind dafür 4 Gründe maßgeblich (am Ende des Urteils).
Orientierungssatz
Hinsichtlich des Ausschlusses einer Berücksichtigung von Verpflegungsgeld bei der Ermittlung des Arbeitsentgelts iS des AAÜG: Entgegen LSG Berlin-Potsdam vom 23.6.2016 - L 33 R 179/15 WA.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 28. August 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte wendet sich im Berufungsverfahren gegen ihre Verurteilung, höhere Arbeitsentgelte für Zeiten der Zugehörigkeit des Klägers zum Sonderversorgungssystem der Zollverwaltung der ehemaligen DDR wegen des Erhalts von Verpflegungs- und Reinigungszuschüssen festzustellen.
Der 1944 geborene Kläger war in der Zeit vom 17. Juli 1967 bis zum 19. Dezember 1991 Mitarbeiter der Zollverwaltung der DDR. Für die Zeit vom 17. Juli 1967 bis zum 31. Dezember 1968 befindet sich eine sogenannte “Einweisung zur Zahlung der Vergütung„ in der Verwaltungsakte, aus der sich die Zahlung eines Verpflegungsgeldes ergibt. Für die Zeit ab 1. Januar 1969 finden sich in der Verwaltungsakte Besoldungsstammkarten, nach denen der Kläger im genannten Zeitraum Verpflegungsgeld in unterschiedlicher Höhe und einen Reinigungszuschlag (bzw. ab 1988: “Reinigungszuschuss„) in Höhe von 3,50 Mark monatlich erhalten hat.
Mit Bescheid vom 20. Oktober 2000 stellte die Oberfinanzdirektion C für den genannten Zeitraum die vom Kläger im Sonderversorgungssystem der Zollverwaltung der ehemaligen DDR (System Nr. 3 der Anlage 2 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG) erworbenen Ansprüche und Anwartschaften zur Überführung in die gesetzliche Rentenversicherung gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG fest. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 8. September 2008 stellte der Kläger einen Antrag auf Überprüfung des Bescheides. Es seien in der Entgeltbescheinigung zwar sein Arbeitsentgelt und einige Zulagen wie Hauptstadtzulage, Grenzdienst- und Hundeführerzuschlag sowie Wohnungsgeld bescheinigt worden. Es fehlten jedoch das Verpflegungsgeld, das Bekleidungsgeld, der Reinigungszuschlag und das Friseurgeld. Mit Bescheid vom 5. Januar 2009 lehnte die Beklagte die Berücksichtigung weiterer Zahlungen als Arbeitsentgelt im Sinne des § 8 AAÜG ab. Diese hätten lediglich einen Aufwandsersatzcharakter gehabt. Sie seien auch nach der Versorgungsordnung der Zollverwaltung der ehemaligen DDR nicht beitragspflichtig gewesen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. September 2009 zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Neuruppin die Beklagte mit Urteil vom 28. August 2013 verurteilt, Arbeitsentgelt in der Zeit vom 17. Juli 1967 bis zum 31. Dezember 1990 unter Berücksichtigung des gezahlten Verpflegungsgeldes sowie in der Zeit vom 1. Januar 1969 bis zum 31. Dezember 1990 unter Berücksichtigung des gezahlten Reinigungszuschusses festzustellen. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, Verpflegungsgeld und Reinigungszuschlag seien nach § 8 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 AAÜG festzustellendes Arbeitsentgelt und daher als solches zu bescheinigen.
Gegen das ihr am 17. Oktober 2013 zugegangene Urteil richtet sich die am 1. November 2013 eingegangene Berufung der Beklagten. Zur Begründung führt die Beklagte unter anderem aus, dass das dem Kläger gewährte Verpflegungsgeld und der Reinigungszuschuss nicht dem Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IV zuzurechnen seien, da dieser Begriff für den Bereich der Sonderversorgung enger zu fassen sei und nur solche Zahlungsarten umfassen würde, die als Gegenwert/Gegenleistung für eine erbrachte Arbeitsleistung gezahlt worden seien. Das Bundessozialgericht verlange in nunmehr ständiger Rechtsprechung zur Qualifizierung streitiger Zuflüsse als Arbeitsentgelt primär eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Sinn der Zuflüsse zur DDR-Zeit. Die nach dem Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung verlangte vertiefte Auseinandersetzung mit dem Sinn der Zuflüsse zur DDR-Zeit ergebe, dass das Verpflegungsgeld eine rein soziale Funktion gehabt habe. Hauptzielrichtung sei die Sicherstellung einer anständigen und ausreichenden Ernährung der Sonderversorgten gewesen. Bereits im Arbeitsgesetzbuch der DDR (AGB) sei die Verpflegung der Arbeiter und aller sonstigen Beschäftigten unter der Überschrift “soziale Betreuung„ und nicht im Kapitel unter der Überschrift “Lohn und Prämie„ geregelt gewesen. Vor diesem Hintergrund sei auch folgerichtig, dass Verpflegungsgeld auch für Sonn- und Feiertage erhalten worden sei. Das Verpflegungsgeld sei damit aus einer sozialpolitischen Zielsetzung h...