Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruchs des Landesschiedsamtes. keine Zulässigkeit der Einbeziehung der ärztlichen Versorgung von Sozialhilfeempfängern in die Wirtschaftlichkeitsprüfung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Landesverbände der Krankenkassen, die Verbände der Ersatzkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen sind nicht berechtigt, in Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 106 SGB 5 die Personen einzubeziehen, für die eine Krankenkasse nach § 264 SGB 5 in der bis zum 21.12.2003 geltenden Fassung bzw nach § 264 Abs 1 SGB 5 in der seit dem 1.1.2004 geltenden Fassung die Krankenbehandlung auftragsweise übernommen hat. Denn die ärztliche Behandlung dieses Personenkreises gehört nicht zur vertragsärztlichen Versorgung, die nach § 106 Abs 1 SGB 5 allein der Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegt.
2. Die für eine Einbeziehung dieses Personenkreises in die Wirtschaftlichkeitsprüfung erforderliche gesetzliche Ermächtigung ist auch nicht in den Vorschriften der §§ 37, 38 Abs 3 BSHG (bzw seit dem 1.1.2005 in § 52 Abs 3 SGB 12) zu erblicken. Denn diese überführen das Leistungserbringerrecht des SGB 5 in das Sozialhilferecht und nicht das Leistungsrecht der Sozialhilfe in das Vertragsarztrecht.
Tenor
Die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) und 2) gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. Dezember 2005 werden zurückgewiesen.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und 2) tragen die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3) bis 6), die diese selber tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruchs des beklagten Landes-schiedsamtes für die vertragsärztliche Versorgung.
Die AOK Berlin als Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2) und der Beigeladene zu 1) als Träger der Sozialhilfe schlossen am 6. März 1992 eine “Vereinbarung über die Durchführung und Abrechnung der ambulanten gesundheitlichen Versorgung von hilfebedürftigen Personen einschließlich des beigetretenen Teils des Landes Berlin einschließlich West-Staaken, auf Grund derer die Beigeladene zu 2) auftragsweise gegen Ersatz der Aufwendungen im Einzelfall sowie eines angemessenen Verwaltungskostenanteils die Durchführung und Abrechnung von Leistungen bei dem genannten Personenkreis übernahm. Der Umfang der Leistungen sollte sich nach den für Versicherte der Beigeladenen zu 2) geltenden Vorschriften und Bestimmungen richten. Die AOK Berlin und die Klägerin hatten bereits unter dem 9. Dezember 1976 einen Gesamtvertrag geschlossen, der u.a. in § 1 Abs. 3 regelte, dass die Bestimmungen des Vertrages auch für auftragsweise versorgte Personen gelten.
Die zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen, den Verbänden der Ersatzkassen und der Klägerin, der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin, am 10. Januar 1994 geschlossene und mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 gekündigte Vereinbarung zur Umsetzung der Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 des Sozialgesetzbuchs/Fünftes Buch (SGB V) - Prüfvereinbarung - sah eine Anwendung der Prüfvereinbarung auf den von der AOK Berlin im Auftrag des Sozialhilfeträgers betreuten o.g. Personenkreis nicht vor. Seit dem Jahr 2000 verhandelten die Beigeladenen zu 2) bis 4) bzw. ihre Rechtsvorgänger als Arbeitgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Berlin mit der Klägerin über den Abschluss einer neuen Prüfvereinbarung. § 1 Nr. 1, § 10 und § 18 Nr. 1 der Prüfvereinbarung sollten nach den unterschiedlichen Vorstellungen der Vertragsparteien dabei folgenden Inhalt haben:
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Kassenärztliche Vereinigung Berlin |
Verbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen |
§ 1 Grundsätze Nr. 1 Diese Vereinbarung regelt die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung im Bereich der KV Berlin gem. § 106 SGB V. Die Prüfung der ärztlichen Versorgung für andere Kostenträger ist nicht Gegenstand dieser Vereinbarung . |
§ 1 Grundsätze Nr. 1 Diese Vereinbarung regelt die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung im Bereich der KV Berlin gem. § 106 SGB V. In die Wirtschaftlichkeitsprüfung einbezogen ist ferner die ärztliche Versorgung für die Personen, für die eine Krankenkasse nach § 264 SGB V die Krankenbehandlung übernommen hat. |
§ 10 Art und Inhalt der Prüfungen Für die Prüfung nach § 106 Absatz 2 Nr. 1 SGB V erstellt die KV Berlin die in Abschnitt 5 § 1 des Vertrages über den Datenaustausch auf Datenträgern vorgesehenen Übersichten. |
§ 10 Art und Inhalt der Prüfungen Für die Prüfung nach § 106 Absatz 2 Nr. 1 SGB V erstellt die KV Berlin unter Einbeziehung der Behandlungsfälle für nach § 264 SGB V auftragsweise von einer Krankenkasse betreuten Personen , die in Abschnitt 5 § 1 des Vertrages über den Datenaustausch auf Datenträgern vorgesehenen Übersichten. |
§ 18 Arztbezogene Prüfung bei Überschreiten der Richtgrößen 1. Prüfgegenstand Prüfungsgegenstand sind die richtgrößenrelevanten Verordnungskosten bei Überschreitung der ermittelten Richtgrößensumme. Richtgrößenrelevant... |