Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfall. Gesundheitserstschaden. Unfallfolgen, wesentliche Verursachung. Posttraumatische Belastungsstörung. TBS). Trauma, Psychische Beeindruckung. A2-Kriterium. DSM-V. DSM-IV. ICD 10
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 13. November 2019 sowie der Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2013 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, das Ereignis vom 21. August 2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen und festzustellen, dass als Unfallfolge eine zwischenzeitlich ausgeheilte posttraumatische Belastungsstörung vorgelegen hat. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger 2/3 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten für das gesamte Verfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung des Ereignisses vom 21. August 2012 als Arbeitsunfall und insbesondere die Feststellung des Vorliegens einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).
Der 1961 geborene Kläger war zum Unfallzeitpunkt bei der D als Meister für Leit- und Sicherungstechnik beschäftigt. Am 21. August 2012 entstörte er am Bahnhof T zusammen mit seinem Kollegen P S eine Weiche, als eine in Richtung H ausfahrende S-Bahn entgleiste. Der Kläger und sein Kollege wurden Zeugen dieses Unfalls, selbst aber körperlich dabei nicht verletzt. Sie konnten sich vor dem entgleisten Zugteil rechtzeitig in Sicherheit bringen. Der Kläger ging anschließend durch die entgleisten Waggons, um nachzusehen, ob Personen seine Hilfe benötigten. Einige der Passagiere waren leicht verletzt worden. Nach dem Vorfall blieb der Kläger noch am Unfallort, um seine Zeugenaussage abzugeben. Zur Überbrückung der Wartezeit nahm er mit seinem Vorgesetzten in einer nahe gelegenen Bäckerei einen Imbiss ein. Danach begab er sich nach Hause und nahm anschließend seine Tätigkeit, noch am gleichen Tag um 23.30 Uhr, wieder auf.
Der Kläger stellte sich am 24. September 2012 seiner Hausärztin, der Fachärztin für Innere Medizin und Nephrologie Dr. S vor. Dort berichtete er von Schlafstörungen, Nervosität und Albträumen von auf ihn zurasenden Zügen, die nach dem Ereignis begonnen hätten. Sie bescheinigte dem Kläger ab diesem Zeitpunkt Arbeitsunfähigkeit, die bis zum 03. Januar 2014 andauerte. Danach wurde er von seinem Arbeitgeber auf Rat des Betriebsarztes nicht mehr im Gefahrenbereich eingesetzt.
Am 19. Oktober 2012 meldete sich der Kläger telefonisch aus der Praxis des Facharztes für Chirurgie Dr. F bei der Eisenbahn-Unfallkasse als Rechtsvorgängerin der inzwischen zur Unfallversicherung Bund und Bahn fusionierten Beklagten (im Folgenden nur noch: Beklagte) und gab an, er sei am 21. August 2012 nach einem Blitzschlag gerade dabei gewesen, mit einem Kollegen die Gleise freizuräumen, als er vor einem herannahenden Zug wegrennen musste, um von diesem nicht erfasst zu werden. Zunächst habe er zwar weitergearbeitet, aber inzwischen Probleme mit der Verarbeitung bekommen, u. a. auch Schlafstörungen, und wolle eine Therapie in Anspruch nehmen. Das Ereignis habe er bei seinem Arbeitgeber zunächst nicht als Arbeitsunfall gemeldet, weil ihm das unangenehm gewesen sei und er nicht habe als verrückt dargestellt werden wollen. Am 23. Oktober 2012 ging bei der Beklagten der H-Arztbericht von Dr. F vom 19. Oktober 2012 ein. Danach habe der Kläger angegeben, in der Nähe tätig gewesen zu sein als ein S-Bahn-Waggon entgleiste. Im Rahmen der ersten Hilfe habe er die Erstversorgung als Laienhelfer mitorganisiert und durchgeführt. Seit dieser Zeit leide er unter inneren Unruhezuständen. Dr. F stellte bei dem Kläger eine psychische Dekompensation nach „Fast-S-Bahnunfall" mit Albträumen und Leistungsunfähigkeit im Alltag sowie eine depressive Episode fest und diagnostizierte bei ihm nach F43.1 G des ICD-10 eine PTBS.
In der Unfallanzeige vom 24. Oktober 2012 schilderte der Kläger, dass er zusammen mit seinem Kollegen P S am 21. August 2012 am Bahnhof -Tmit der Entstörung und der Gleisfreimeldung beschäftigt gewesen sei, als die in Richtung H ausfahrende S-Bahn entgleiste. Er und sein Kollege hätten dabei aus dem Gleis rennen müssen, um nicht überrollt zu werden.
Die Beklagte nahm nun sowohl Ermittlungen zum Unfallgeschehen als auch in medizinischer Hinsicht auf. Sie befragte neben dem Kläger auch den zuständigen Bezirksleiter der DB Netz AG, Herrn R, sowie einen weiteren Mitarbeiter der D, Herrn P. Dieser gab am 22. November 2012 an, das Ereignis sei als solches zwar registriert, das Verhalten sowohl des Klägers als auch seines Arbeitskollegen werde aber kritisch gesehen, zumal beide erst nachträglich davon berichtet hätten. Nach dem Unfall hätten beide „normal" weitergearbeitet und ihre Tätigkeit zu Ende verrichtet; es seien keine Auffälligkeiten bekannt geworden. Der bei dem Unfall ebenfalls anwesende Arbeitskollege S teilte in seinem Schreiben vom 10. November 2012 mit, dass er mit dem Kläger einen Achsenzähler an einer W...