Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Physiotherapeut. manuelle Therapie. Ausschluss der Masseure und medizinischen Bademeister. Leistungserbringung nur mit abgeschlossener Weiterbildung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Der Ausschluss der Masseure und medizinischen Bademeister von der Abrechnung der Leistungen der manuellen Therapie verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
Orientierungssatz
Die Vorgabe, dass nur Physiotherapeuten mit einer abgeschlossenen Weiterbildung zur Erbringung von Leistungen der manuellen Therapie berechtigt sind, lässt sich durch am Gemeinwohl orientierte Überlegungen rechtfertigen (vgl LSG Stuttgart vom 21.7.2015 - L 11 KR 4481/12, RdNr 69; LSG Mainz vom 7.1.2016 - L 5 KR 192/15, RdNr 21).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. März 2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Abrechnungsbefugnis des Klägers für Leistungen der manuellen Therapie.
Der 1954 geborene Kläger erhielt am 30. Juni 1975 nach Abschluss einer entsprechenden Ausbildung von dem Senator für Gesundheit und Umweltschutz die Erlaubnis, die Berufsbezeichnung Masseur und medizinischer Bademeister zu führen. Er wurde am 1. April 1979 zur Abgabe der Leistungen von Masseuren und medizinischen Bademeisterin an die Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen zugelassen. Vom 12. März 2005 bis zum 23. Juli 2007 nahm er an einer Weiterbildung Manuelle Therapie mit 320 Unterrichtseinheiten teil und bestand die Abschlussprüfung. Sein Antrag auf Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung für Leistungen der manuellen Therapie wurde von dem Beklagten mit Schreiben vom 1. August 2007 abgelehnt. Zur Begründung verwies der Beklagte auf ein vom Medizinischen Dienst der Spitzenverbände (MDS) nach Ergehen eines Urteils des Bayerischen LSG erstelltes Gutachten, wonach eine Weiterbildung im Umfang von 260 Stunden nicht ausreiche, um Masseure und med. Bademeister ausreichend für Leistungen der manuellen Therapie zu qualifizieren.
Mit der am 11. August 2008 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Erteilung einer Abrechnungsbefugnis für Leistungen der manuellen Therapie. Der Kläger hat vor dem Sozialgericht insbesondere Bezug genommen auf das in einem Parallelverfahren vor dem Bayerischen LSG ergangene Urteil vom 17. August 2006 - L 4 KR 295/03 und das in diesem Verfahren vorgelegte Rechtsgutachten von Prof. Dr. B. das medizinische Gutachten von Prof. Dr. P.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 26. März 2010 abgewiesen. Die zulässige Feststellungsklage sei nicht begründet. Der Kläger habe keinen Anspruch, Leistungen der manuellen Therapie für Versicherte der Ersatzkassen zu erbringen. Die Ersatzkassen seien auch nicht verpflichtet, mit dem Kläger einen entsprechenden Vertrag zu schließen. Rechtsgrundlage sei § 125 SGB V. Nach der Rechtsprechung des BSG sei die Frage, ob ein zugelassener Leistungserbringer bestimmte qualifikationsgebundene Leistungen erbringen und abrechnen dürfe, vertraglich und nicht durch Verwaltungsakt zu regeln. Die Abrechnungsbefugnis betreffe nicht die Zulassung als solche. Der Kläger habe keine vertragliche Abrechnungsbefugnis. Leistungen der manuellen Therapie seien nach der Vergütungsvereinbarung nur von Physiotherapeuten abrechenbar, welche eine erfolgreich abgeschlossene Weiterbildung von Manueller Therapie mit mindestens 260 Stunden absolviert hätten. Abrechnungsfähig sei die Leistung daneben auch für Masseure und medizinische Bademeister, die am 31. März 1995 über eine anerkannte und abgeschlossene Weiterbildung verfügten und zugelassen waren. Die Anforderungen für die Weiterbildung seien in den Rahmenempfehlungen nach § 125 SGB V geregelt, wobei dort vorgesehen sei, dass nur Physiotherapeuten zur Weiterbildung zuzulassen seien. Auch in den Heilmittel-Richtlinien sei die manuelle Therapie als Leistung gekennzeichnet, für die eine besondere Weiterbildung erforderlich sei, ohne dass die Möglichkeit der Weiterbildung dort ausschließlich auf Physiotherapeuten beschränkt worden wäre. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des völligen Ausschlusses der Masseure und medizinischen Bademeister von der Abrechnung von Leistungen der manuellen Therapie könne dahingestellt bleiben. Jedenfalls fehle es an einer vertraglichen Abrechnungsgrundlage. Aus einer - angenommenen - Verfassungswidrigkeit würde sich jedoch ergeben, dass der bestehende Rahmenvertrag dem Abschluss von Verträgen über die Erbringung von Leistungen der manuellen Therapie durch Masseure und Bademeister nicht entgegenstehen würde. Da der Beklagte die Erteilung einer Abrechnungsbefugnis an Masseure und Medizinische Bademeister nicht grundsätzlich ausschließe, sondern von besonderen Weiterbildungsvoraussetzungen abhängig mache und eine entsprechende rahmenvertragliche Vereinbarung oder eine Rahmen...