Nachgehend

BSG (Beschluss vom 04.08.2023; Aktenzeichen B 1 KR 88/22 B)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht ein Anspruch auf Versorgung mit Cannabis.

Der 1978 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert.

Am 23. August 2016 beantragte er bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für ihm verordnete Cannabisblüten. Eine Erlaubnis der Bundesopiumstelle liege weiterhin vor.

Die Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme von Cannabis (Medizinal-Cannabisblüten) mit Bescheid vom 24. August 2016 ab.

Der Kläger erhob Widerspruch: Die beantragte Therapie sei die einzige sinnvolle und erforderliche Maßnahme. Er leide an Coxarthrose, Anpassungsstörungen, Angstzuständen, Depressionen, Spannungskopfschmerz, Spondylolisthesis, Arthrose, Zoster und Migräne.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. März 2017 zurück. Zur Begründung verwies sie unter anderem auf die in einem früheren Antragsverfahren eingeholte Stellungnahme des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 16. März 2015 sowie einen Konsiliarbericht vor Aufnahme einer Psychotherapie zu psychotherapeutischen Behandlung vom 27. Juli 2016 auf Veranlassung des Psychotherapeuten S, wonach beim Kläger eine Neigung zu Analgetika-Abusus bestehe.

Am 27. März 2017 beantragte der Kläger erneut die Versorgung mit Cannabisblüten unter Vorlage einer Verordnung des Facharztes für Anästhesiologie und Schmerztherapie Dr. G.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 1. März 2017 hat der Kläger am 28. März 2017 Klage beim Sozialgericht Neuruppin (SG) erhoben.

Die Beklagte hat nach Einholung einer neuerlichen Stellungnahme durch den MDK den weiteren Antrag mit Bescheid vom 18. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2017 abgelehnt. Auch hiergegen hat der Kläger Klage erhoben (vom 9. Oktober 2017; Az.: S 9 KR 276/17). Das SG hat die beiden Verfahren verbunden.

Der Kläger hat vorgetragen, der behandelnde Arzt entscheide eigenverantwortlich über die Behandlung. Deren Erforderlichkeit sei letztendlich durch den behandelnden Arzt Dr. G festgestellt. Er sei durchgängig seit 2012 bei dem Psychotherapeuten S wegen seiner Depression in Behandlung sowie bei Dr. G wegen der Coxarthrose, Anpassungsstörungen, Spannungskopfschmerz, Spondylolisthesis, Arthrose, Zoster sowie Migräne. Er habe große Schmerzen im gesamten Bewegungsapparat. Wegen dieser Schmerzen und der Migräne wolle er die Therapie mit Cannabisblüten durchführen. Er kaufe sich gelegentlich Cannabisblüten in der Apotheke, aber nicht in der Menge, die er eigentlich brauche. Vom 9. Oktober 2012 bis 12. Oktober 2012 sei er wegen seiner Kopfschmerzen in stationärer Behandlung gewesen zu sein sowie vom 15. April 2013 bis 6. Mai 2013 in stationäre Rehabilitation in der G Fachklinik W.

Soweit ihm die Beklagte eine Schmerzklinik empfehle, habe er diese bereits 2014 aufgesucht. Er sei dort mit Medikamenten vollgestopft worden. Weil sich der Kläger um seinen 5-Jährigen Sohn kümmern müsse, könne sich der Kläger nicht stationär in Behandlung begeben.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 4. März 2019 abgewiesen. Dem Kläger stehe kein Anspruch nach § 31 Abs. 6 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) auf Versorgung mit Cannabis zu.

Es könne dahinstehen, ob die Erkrankungen des Klägers schwerwiegend im Sinne dieser Vorschrift seien. Denn die Voraussetzung, dass eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehe, sei nicht gegeben. Diese lägen hier vor in Form von multimodalen Therapien im Rahmen von Rehabilitations- oder stationärer Behandlung. Die Schmerzbehandlung erfolge bei dem Kläger derzeit ausschließlich mittels Tabletten. Er habe in den letzten Jahren keine Rehabilitationsbehandlung und keine stationäre Behandlung in Anspruch genommen, bei der im Rahmen einer multimodalen Therapie weitere Therapieansätze hätten gefunden werden können. Die Behandlungen des Klägers in den Jahren 2012 und 2013 lägen zu lange zurück und könnten deshalb nicht berücksichtigt werden. Denn in der Zwischenzeit könnten sich sowohl die medizinischen Möglichkeiten als auch die Symptome des Klägers und sein Ansprechen auf Therapiemaßnahmen geändert haben. Nicht berücksichtigt werden könne, dass der Kläger aus persönlichen Gründen keine stationäre Behandlung durchführen wolle.

Gegen diese am 25. März 2019 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers vom 10. April 2019. Zu deren Begründung hat der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Der Behandler sei gegebenenfalls zu laden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 4.März 2019 sowie den Bescheid vom 24. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2017 sowie den Bescheid vom 18. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2017 aufzuheben und d...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge