Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. Anspruchsübergang nach § 93 SGB 12. Rückforderungsanspruch des verarmten Schenkers. Leistungserbringung in Form eines Darlehens. Negativevidenz. Konfusion bei Tod des Leistungsberechtigten und Erbschaft des Beschenkten. Verhältnis zu § 102 SGB 12

 

Orientierungssatz

1. Der Rechtmäßigkeit der Überleitungsanzeige nach § 93 SGB 12 steht nicht entgegen, dass Sozialhilfe im Wege eines Darlehens gewährt worden ist, wenn feststeht, dass der Hilfeempfänger das Darlehen nicht zurückzahlen kann (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 16.8.2007 - L 23 B 150/07 SO ER = FEVS 59, 154 = juris RdNr 5).

2. Für die Wirksamkeit der Überleitung und damit für die Rechtmäßigkeit genügt es, dass ein überleitungsfähiger Anspruch überhaupt in Betracht kommt und ein solcher nicht von vornherein objektiv ausgeschlossen ist (vgl BSG vom 25.4.2013 - B 8 SO 104/12 B).

3. Zwar führt die Vereinigung von Forderung und Schuld in einer Person (Konfusion) in der Regel zum Erlöschen der Forderung. Diese Rechtsfolge ist jedoch nicht zwingend; vielmehr ist von einem Fortbestehen der Forderung auszugehen, wo dies nach der Interessenlage etwa mit Rücksicht auf Rechte Dritter an der Forderung geboten erscheint (vgl BGH vom 14.6.1995 - IV ZR 212/94 = NJW 1995, 2287 = juris RdNr 14).

4. Die Ansprüche nach § 102 SGB 12 und § 93 SGB 12 schließen sich nicht gegenseitig aus.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.175,86 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Überleitung eines Rückforderungsanspruchs des Beklagten wegen Verarmung des Schenkers.

Die Klägerin ist die Tochter der am 1924 geborenen und am 2008 verstorbenen Margot Braun - HE -. Diese verpflichtete sich mit notariellem Vertrag vom 2000 auf die Klägerin sowie deren 2008 verstorbenen Ehemann unentgeltlich folgenden im Grundbuch von H Blatt 231 Gemarkung H eingetragenen Grundbesitz zu übertragen:

- Flur 1, Flurstück 92 (Ackerland)

- Flur 1, Flurstück 77 (Ackerland)

- Flur 1, Flurstück 76 (Ackerland)

- Flur 1, Flurstück 28 (Weg an der Eisenbahn)

- Flur 1, Flurstück 29 (Gebäude mit Gebäudenebenflächen)

- Flur 1, Flurstück 21 (Gartenland an der Eisenbahn)

- Flur 1, Flurstück 51 (Ackerland)

Der Verkehrswert der Grundstücke wurde mit ca. 100.000 DM angegeben. Zum 30. Oktober 2007 wurde der Wert der Grundstücke mit 24.100,00 Euro ermittelt (Gutachten der Gutachterstelle des Gutachterausschusses im Landkreis Ostprignitz-Ruppin vom 30.10.2007).

Die HE schloss beginnend ab 22. September 2003 einen Pflegewohnvertrag mit der K Schloss G A GmbH in G ab, wo sie lebte und gepflegt wurde.

Mit Bescheid vom 5. Dezember 2006 bewilligte der Beklagte der HE ab 1. Oktober 2006 darlehnsweise Leistungen der Hilfe zur Pflege gemäß §§ 61 ff. SGB Zwölftes Buch - SGB XII - i.V.m. § 91 SGB XII in Form der Übernahme der ungedeckten Heimkosten sowie einen monatlichen Barbetrag i.H.v. 86,06 € und für den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis 31. Dezember 2006 eine monatliche Pauschale für Bekleidung i.H.v. 20,00 Euro. Es ergab sich ein monatlicher Zahlbetrag von 294,08 € für den Beklagten. Die Leistung sei als Darlehen zu gewähren, da über Grundvermögen unentgeltlich verfügt worden sei. Es bestünde ein Anspruch gemäß § 528 BGB wegen Verarmung des Schenkers. Eine Wertermittlung sei veranlasst, das Gutachten liege noch nicht vor. Mit Bescheid vom selben Tag erließ der Beklagte an die Klägerin eine Rechtswahrungsanzeige gemäß § 94 Abs. 4 SGB XII und forderte die Klägerin auf, Auskünfte über Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Mit einem Schreiben vom 5. Oktober 2007 informierte der Beklagte die Klägerin darüber, dass beabsichtigt sei, den Rückgewähranspruch der Verstorbenen gemäß § 528 Abs. 1 BGB gemäß § 93 SGB XII auf sich überzuleiten. Mit Änderungsbescheid vom 16. November 2007 teilte der Beklagte der HE mit, der Grundstückswert sei mit 24.100,00 Euro ermittelt worden. Dieser Betrag sei in voller Höhe anzusetzen. Nachweise für die Bemühungen zur Vermögensverwertung seien vierteljährlich vorzulegen. Hiergegen wurde wegen der Höhe des angenommenen Grundstückswertes Widerspruch erhoben.

Nach dem Tod der HE und entsprechender Anhörung vom 26. Februar 2009 forderte der Beklagte von der Klägerin mit Bescheid vom 12. Oktober 2009 im Wege der Erbenhaftung nach § 102 Abs. 2 SGB XII einen Betrag von 5.175,86 € zur Erstattung. Dem Bescheid war eine Aufstellung beigefügt, aus der sich die der HE gewährten Leistungen ergaben.

Nachdem die Klägerin unter dem 22. Juli 2010 zu einer beabsichtigten Umdeutung der geltend gemachten Erbenhaftung in einen Überleitungsanspruchs gemäß § 93 SGB XII angehört worden war, hob der Beklagte mit Bescheid vom 14. März 2013 den Bescheid vom 12. Oktober 2009 auf.

Mit Bescheid vom 21. März 2013 leitete der Beklagte wegen der der HE im Zeitraum von Oktober 2006 bis 16. September 2008 darlehnsweise gewährten ...

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