Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersrente. Anrechnung Verletztenrente. Pflichtbeitragszeiten. Zusammentreffen von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. reduzierter Freibetrag für das Beitrittsgebiet. Beitrags- und Anrechnungszeiten. Polen. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Ein nochmaliger "Abschlag" (nicht nur beim aktuellen Rentenwert, sondern auch beim Grundrentenfreibetrag Ost) belasten Versicherte im Beitrittsgebiet nicht unverhältnismäßig (Entgegen BSG vom 10.4.2003 - B 4 RA 32/02 R = SozR 4-2600 § 93 Nr 2 und BSG vom 20.10.2005 - B 4 RA 27/05 R = BSGE 95,159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7). Der Senat teilt nicht die Bedenken des 4. Senats des BSG in seiner Entscheidung vom 20.10.2005 - B 4 RA 27/05 R aaO, wonach die Berücksichtigung nur eines Freibetrags Ost bei der Rentenberechnung wegen der Bevorzugung anderer Vergleichsgruppen verfassungswidrig sei.
2. Die durch Art 1 Nr 19 RVNG durchgeführte Änderung des § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB 6 und dessen Rückwirkung ab 1.1.1992 durch Art 15 Abs 2 RVNG sowie die Änderung des § 84a BVG durch Art 01 des EntschR/AusglBGGÄndG vom 19.6.2006 und dessen durch Art 9 Abs 1a eingeführte rückwirkende Geltung ab 1.1.1991 unterscheiden sich in ihren Rechtsfolgen nicht von den Wirkungen der ursprünglichen Fassung des § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB 6 idF des RRG 1992. Ebenfalls stellt sich die Frage nach ihrer Vereinbarkeit mit dem Rechtsstaatsprinzip des GG (Verbot echter Rückwirkung) nicht.
3. Dass sich der Freibetrag durch einen Umzug zwischen den alten Bundesländern und dem Beitrittsgebiet (in welcher Richtung auch immer) nach dem 18.5.1990 nicht verändern soll (in Anwendung des § 84a S 1 BVG), ist sachgerecht, um nicht zusätzliche Wanderungsbewegungen von Ost nach West zu provozieren oder Umzüge von West nach Ost zu verhindern (vgl BSG vom 9.4.1997 - 9 RV 13/96 = BSGE 80, 176 = SozR 3-3100 § 84a Nr 2).
4. Zur Anerkennung von polnischen Beschäftigungs- und Ausbildungszeiten und Zeiten in der ehemaligen DDR in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 09. Oktober 2002 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 18. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2003 und gegen den Bescheid vom 11. April 2007 wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Verfahrens vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen, soweit der Rechtsstreit die Anrechnung der Verletztenrente auf die Altersrente betrifft.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten höhere Altersrente.
Der 1937 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und Vertriebener (Aussiedler) im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 Bundesvertriebenengesetz (BVFG). Er war bis zum 30. Juni 1969 in Polen wohnhaft. Nach der zum 01. Juli 1969 erfolgten Übersiedlung ins Beitrittsgebiet erwarb er dort die Staatsbürgerschaft der DDR. Nach den Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung arbeitete der Kläger von Juli 1969 bis Dezember 1971 als Stumpfschweißer und im Januar 1972 als Säger und Zuschneider. Knappschaftlich war er vom 01. Februar 1972 bis 31. August 1973 als Bohrarbeiter beim VEB Bund W, unter Tage war er vom 03. September 1973 bis 31. Dezember 1981 als Hauer beim VEB S N und vom 01. Januar 1982 bis 31. Dezember 1983 als Maschinist für Bergbau beim VEB SN tätig. Seit Januar 1984 übt er eine selbständige Tätigkeit als Kaufmann bzw. Verkäufer von Briefmarken aus, für die ab 01. Januar 1996 mangels Einkommens keine Pflichtbeiträge zu zahlen sind (Bescheid der Landesversicherungsanstalt - LVA - Brandenburg vom 18. Juli 1996).
Der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) gehörte der Kläger vom 01. Dezember 1975 bis 31. Dezember 1985 an.
Mit Bescheid vom 17. März 1987 wurde ihm ab 01. Mai 1987 anstelle der bisherigen Bergmannsrente Bergmannsvollrente bewilligt, die vom 01. Januar 1992 an als Rente für Bergleute gezahlt wurde. Der Bergmannsvollrente lagen vier Jahre einer versicherungspflichtigen Tätigkeit, 30 Jahre einer versicherungspflichtigen Tätigkeit im Bergbau und ein Leistungszuschlag für 24 Jahre Unter-Tage -Tätigkeit zugrunde.
Der Kläger bezieht außerdem eine Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ursprünglich um 40 v. H. für eine Berufskrankheit und einen Arbeitsunfall, die von der Holz-Berufsgenossenschaft gezahlt wird.
Im Mai 1997 beantragte der Kläger Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für Versicherte, die als Schwerbehinderte anerkannt sind. Hinsichtlich seiner Beschäftigungen in Polen machte er dabei folgende Angaben: August 1951 bis November 1953 Bergmannsschule, Dezember 1953 bis Dezember 1954 Füller in der Grube M, Dezember 1954 bis Dezember 1955 Lehrhauer in der Grube D, Dezember 1955 bis Dezember 1956 Schießhauer in der Grube B, Januar 1957 bis Oktober 1957 Hauer in der Grube Mund PRG B S, November 1957 bis März 1959 Schießh...