Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitssuchende. Leistungsausschluss für Ausländer bei Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche. Unionsbürger (hier: Franzose). Europarechtskonformität. Nichtgeltung des Ausschusses für Staatsangehörigen eines Vertragsstaates des Europäischen Fürsorgeabkommens. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ausländer nach EuFürsAbk
Orientierungssatz
Der Leistungssausschluss für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, gilt nicht für Staatsangehörige eines Vertragsstaates des Europäischen Fürsorgeabkommens (EuFürsAbk).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2009 und der Bescheid der Beklagten vom 31. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2009 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld II in Form der Regelleistung für die Zeit vom 01. März 2009 bis zum 11. November 2009 dem Grunde nach zu gewähren.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten dem Grunde nach (nur) noch die Gewährung von Arbeitslosengeld II in Form der Regelleistung für die Zeit vom 01. März 2009 bis zum 11. November 2009.
Der 1971 geborene, im streitigen Zeitraum allein stehende Kläger besitzt die französische Staatsbürgerschaft. Am 17. Dezember 2007 bescheinigte der damals zuständige französische Träger der Arbeitslosenversicherung ihm auf dem Vordruck E 303/1 zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik Deutschland, dass er unter den Voraussetzungen des Artikel 69 Abs 1 Buchst b EWG-Verordnung 1408/71 (EWGV 1408/71) Anspruch auf Leistungen wegen Arbeitslosigkeit habe, die restliche Anspruchsdauer 91 Tage betrage und er bis zum 17. März 2008 unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen in einer kalendertäglichen Höhe von 33,79 EUR beziehen könne. Am 18. Dezember 2007 reiste er nach Berlin, wo er sich seither aufhält. Hier lebte er, der seit 02. Juni 2008 im Besitz einer Bescheinigung nach § 5 des Gesetzes über die Allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU -FreizügG/EU) ist, zunächst in einem Hostel und in verschiedenen, von ihm - jeweils unbefristet - angemieteten Wohnungen, zunächst ab dem 01. Mai 2008 im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten, später dann im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Arbeitsgemeinschaft zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem Land Berlin für den örtlichen Bereich des Verwaltungsbezirks Pankow, bezeichnet als JobCenter Pankow, und schließlich seit dem 01. Februar 2009 erneut im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten, nämlich in einer von ihm allein bewohnten 36 qm großen Zweizimmerwohnung unter der im Rubrum angegebenen Adresse.
Am 28. Januar 2008 hatte er sich bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) arbeitslos gemeldet und unter Vorlage des Vordrucks E 301/1 die Zahlung von Arbeitslosengeld beantragt. Diesem Antrag gab die BA für die Zeit vom 28. Januar 2008 bis zum 17. März 2008 statt (Gesamtzahlbetrag 1655,71 EUR). Im Anschluss bezog er Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), und zwar zunächst von der Beklagten in der Zeit vom 28. April 2008 bis zum 30. November 2008 (Bewilligungsbescheide vom 03. Juni 2008 für die Zeit vom 28. April 2008 bis zum 31. Oktober 2008 und vom 20. November 2008 für die Zeit vom 01. November 2008 bis zum 30. November 2008, Änderungsbescheid vom 20. November 2008 für die Zeit vom 01. Oktober 2008 bis zum 31. Oktober 2008 sowie Bewilligungsbescheid vom 20. November 2008 für die Zeit vom 20. November 2008 bis zum 30. November 2008), sodann vom JobCenter Pankow für die Zeit vom 04. Dezember 2008 bis zum 28. Februar 2009 (Bewilligungsbescheid vom 14. Januar 2009 für die Zeit vom 04. Dezember 2008 bis zum 31. Mai 2009, Änderungsbescheid vom 04. Februar 2009 für die Zeit vom 01. Februar 2009 bis zum 28. Februar 2009 und bestandskräftiger Aufhebungsbescheid vom 04. Februar 2009 für die Zeit ab dem 01. März 2009).
Vom 01. Februar 2008 bis zum 23. Juni 2008 hatte der Kläger eine Tätigkeit als Handwerkshelfer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 7,5 Stunden und einem monatlichen Entgelt von 100,00 EUR brutto = netto ausgeübt; das Arbeitsverhältnis endete aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung. Am 22. Dezember 2008 meldete der Kläger zum 01. Januar 2009 beim Bezirksamt Berlin-Mitte ein Gewerbe mit dem Geschäftsgegenstand “An- und Verkauf, Trödel-Kafé, Kaffeeausschank„ an. Da jedoch über die Höhe der Miete für die Gewerberäume, über deren Anmietung (beabsichtigter Mietbeginn: 01. Januar 2009) seit Dezember 2008 verhandelt worden war, keine Einigkeit erzielt werden konnte, zerschlug sich das Geschäftsgründungsvorhaben am 05. Januar 2009; das Gewerbe meldete der Kläger jedoch erst am 07. April 2009 rückwirkend zum 01. Januar 2009 ab.
Seinen mit Wirkung ab dem 01. Mär...