Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Mietkautionsdarlehen nach dem 1.4.2011. Tilgung durch monatliche Aufrechnung iHv 10 % des Regelbedarfs. Verfassungsmäßigkeit. Ermessen. Ansparbetrag. Gefahr einer Bedarfsunterdeckung. Anfechtungsklage
Orientierungssatz
Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf eine verfügte Rückzahlung eines Mietkautionsdarlehens durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 % des maßgeblichen Regelbedarfs gem § 42a Abs 2 S 1 SGB 2.
Normenkette
SGB II § 42a Abs. 2, § 24 Abs. 1 S. 1, § 44
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit einer Aufrechnung eines gewährten Darlehens in Höhe von 10 v.H. mit den gewährten Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - streitig.
Die 1980 geborene Klägerin bewohnte bis 31. März 2011 eine Wohnung in der G im Zuständigkeitsbereich des Jobcenters Charlottenburg-Wilmersdorf. Unter Vorlage eines “unverbindlichen Wohnungsangebotes„ der G für eine Wohnung im S beantragte die Klägerin die Zustimmung zu einem Umzug in diese Wohnung beim Jobcenter. Sie gab dabei an, dass sie über keinerlei Mittel zur Hinterlegung der geforderten Mietkaution in Höhe von 1.263,30 Euro verfüge und bei Anmietung ein entsprechendes Darlehen beim Jobcenter beantragen müsse. Unter dem 29. März 2011 teilte das Jobcenter der Klägerin mit, dass Bereitschaft bestünde, die Miete für die angemessene Unterkunft lt. Angebot in Höhe von 440,00 Euro monatlich anzuerkennen, ebenso die Kaution. Der Mietvertrag wurde zum 1. April 2011 geschlossen, die Klägerin zog mit der Tochter in die Wohnung ein. Mit Bescheid vom 6. April 2011 des Jobcenters Charlottenburg-Wilmersdorf gewährte das Jobcenter der Klägerin auf die erteilte Zusicherung hin ein Darlehen in Höhe von 1.263,30 Euro und gab an, dass der Darlehensbetrag direkt an die Vermieterin überwiesen werde. Das Darlehen sei in monatlichen Raten von 36,40 Euro vom 1. Juni 2011 an gemäß § 42 Abs. 3 SGB II zurückzuzahlen. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin keinen Widerspruch.
Auf ihren Antrag vom 5. April 2011 bei dem Beklagten (Jobcenter Spandau) gewährte dieser der Klägerin und deren Tochter vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis 31. Oktober 2011 in Höhe von 970,00 Euro monatlich. Mit Bescheid vom 14. April 2011 erklärte der Beklagte, dass der Klägerin mitgeteilt worden sei, dass gegen sie eine Forderung in Höhe von 1.263,30 Euro bestehe. Das gewährte Darlehen werde durch monatliche Aufrechnung in Höhe von bis zu 10 v.H. der jeweils zu zahlenden Regelleistung getilgt. Ab dem 1. Juni 2011 würden monatlich 36,40 Euro gegen die laufenden Leistungen aufgerechnet werden.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. August 2011 zurück. Die Aufrechnung sei rechtmäßig erklärt worden, Rechtsgrundlage sei § 42a SGB II. Die im Ausgangsbescheid fehlerhaft angegebene Rechtsgrundlage ändere hieran nichts. Es werde darauf hingewiesen, dass gegen einen Bescheid vom 6. April 2011 kein Widerspruch bekannt sei.
Mit der daraufhin am 12. September 2011 erhobenen Klage hat die Klägerin sich weiterhin gegen die verfügte Aufrechnung gewehrt. Sie hat ausgeführt, die fragliche Aufrechnung werde mit dem Bescheid des Beklagten vom 5. April 2011 geregelt. Insoweit sei der vorliegend angegriffene Bescheid doppelt erlassen worden und bereits unter diesem Gesichtspunkt rechtswidrig. Er sei aber auch materiell-rechtlich rechtswidrig. Für die verfügte Aufrechnung fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Der Beklagte berufe sich auf § 42 Abs. 3 SGB II. Danach sei der Rückzahlungsanspruch aus Darlehen nach erfolgter Verwertung sofort in voller Höhe und Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 22 Abs. 6 SGB II bei Rückzahlung durch den Vermieter sofort in Höhe des noch nicht getilgten Darlehensbetrages fällig. Die Norm stelle keine Ermächtigungsgrundlage für die Verfügung einer sofortigen Tilgung dar. Vielmehr obliege es dem Hilfebezieher den Wunsch zu äußern, das gewährte Darlehen zurückzuerstatten. Einen solchen Wunsch habe sie, die Klägerin, nicht erklärt. Auch sei die Verfügung deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte sich neben der Verfügung auch eine Abtretungserklärung habe unterschreiben lassen.
Die Klägerin hat den Bescheid des Jobcenters Charlottenburg-Wilmersdorf vom 6. April 2011 zur Gerichtsakte gereicht.
Der Beklagte hat auf die Ausführungen mit dem Widerspruchsbescheid verwiesen und ausgeführt, dass kein Bescheid des Beklagten vom 6. April 2011 existiere, da er, der Beklagte, zu diesem Zeitpunkt noch nicht für die Klägerin zuständig gewesen sei.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 12. Dezember 2012 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, Rechtsgrundlage für die Auf...