Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Stellungnahmeberechtigung nach § 137f Abs 8 S 2 SGB 5. maßgebliche Spitzenorganisation. Wahrnehmung der Interessen der Anbieter digitaler medizinischer Anwendungen. Satzungszweck. hinreichende Anzahl. Rahmenvereinbarung nach § 134 Abs 4 und 5 SGB 5
Leitsatz (amtlich)
1. Bereits nach der Satzung einer Spitzenorganisation nach § 137f Abs 8 Satz 2 SGB V muss der Zweck, die Interessen der Anbieter digitaler medizinischer Anwendungen zu verfolgen, zweifelsfrei sein.
2. Maßgeblich für § 137f Abs 8 SGB V ist nicht die Vertretung einer hinreichenden Anzahl von Arzneimittelherstellern oder Großhändlern, sondern eine hinreichende Anzahl von Anbietern digitaler medizinischer Anwendungen.
3. Aus der Tatsache, dass ein Verband zu den Verbänden gehört, die mit dem GKV-Spitzenverband die Rahmenvereinbarung gemäß § 134 Abs 4 und 5 SGB V abgeschlossen haben, kann er keinen Anspruch ableiten, auch im Rahmen des § 137f Abs 8 SGB V als maßgebliche Spitzenorganisation behandelt zu werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Aufnahme in den Kreis der stellungnahmeberechtigten Organisationen nach § 137f Abs. 8 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Seit Einführung der strukturierten Behandlungsprogramme i. S. von § 137f SGB V (Disease Management Programm - DMP) in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zum 1. Januar 2002 durch das Gesetz zur Reform des Risikostrukturausgleiches (RSA) in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3465) ist der beklagte Gemeinsame Bundesausschuss (im Folgenden: der Beklagte) damit beauftragt, in Richtlinien u. a. die für die Behandlungsprogramme geeigneten chronische Krankheiten festzulegen. Daneben erlässt er seit 2012 eigene Richtlinien zu den Anforderungen an die Ausgestaltung der strukturierten Behandlungsprogramme, u. a. betreffend die Behandlung nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft unter Berücksichtigung von evidenzbasierten Leitlinien oder nach der jeweils besten, verfügbaren Evidenz sowie unter Berücksichtigung des jeweiligen Versorgungssektors, betreffend die Schulungen der Leistungserbringer und der Versicherten und zu den durchzuführenden Qualitätssicherungsmaßnahmen. Solche Anforderungen und (Qualitäts-)Kriterien hat der Beklagte u. a. in der Richtlinie zur Zusammenführung der Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme nach § 137f Abs. 2 SGB V - DMP-Anforderungen-Richtlinie (DMP-A-RL) - bereits festgelegt. An die in den Richtlinien festgelegten Anforderungen sind die beteiligten Krankenkassen und Leistungserbringer in der Ausgestaltung der DMP gebunden.
Für die folgenden chronischen Erkrankungen existieren bereits DMP:
· Asthma
· Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
· Brustkrebs
· Diabetes mellitus Typ 1
· Diabetes mellitus Typ 2
· Koronare Herzkrankheit (KHK), mit einem Modul „Chronische Herzinsuffizienz“
Inhaltlich umfassen die DMP regelmäßige Arzttermine mit Beratungsgesprächen und Untersuchungen sowie die Vermittlung von Hintergrundinformationen zum Beispiel durch Schulungen an die Versicherten.
Der Beklagte ist verpflichtet, seine Richtlinien zu den DMP regelmäßig zu überprüfen (§ 137f Abs. 2 Satz 6 SGB V). Beruhend darauf sind DM-Programme und die zu ihrer Durchführung geschlossenen Verträge unverzüglich, spätestens innerhalb eines Jahres an die Änderungen der in den Richtlinien des Beklagten genannten Anforderungen anzupassen (§ 137g Abs. 2 Satz 1 SGB V).
Seit dem Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz - TSVG) vom 6. Mai 2019 hat der Beklagte sowohl bei der Erstfassung einer Richtlinie zu den Anforderungen an die Ausgestaltung der DMP sowie bei jeder regelmäßigen Überprüfung und Aktualisierung seiner bereits beschlossenen DMP-Richtlinien die Aufnahme geeigneter digitaler medizinischer Anwendungen in die strukturierten Behandlungsprogramme zu prüfen. In diesem Verfahren ist den für die Wahrnehmung der Interessen der Anbieter digitaler medizinischer Anwendungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenorganisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; diese Stellungnahmen sind in die Entscheidungen des Beklagten einzubeziehen (§ 137f Abs. 8 SGB V). Gemäß seiner Verfahrensordnung hat der Beklagte zur Ermittlung der Stellungnahmeberechtigten in dem Fall, in dem diese gesetzlich nicht eindeutig festgelegt sind, die maßgeblichen gesetzlichen Voraussetzungen im Bundesanzeiger und im Internet zu veröffentlichen, so dass betroffene Organisationen innerhalb einer angemessenen Frist Gelegenheit zur Meldung beim Beklagten haben (§ 9 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Beklagten).
Unter Bezugnahme auf diese gesetzlichen Vorgaben veröffentlichte der Beklagte gemäß seinem Beschluss vom 10. Juli 2019 die „Bekanntmachung zur Ermittlung der für die Wahrnehmung der Interessen der Interessen der Anbieter digitaler medizinischer Anwendungen au...