Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Aufwendungserstattung zwischen örtlichem und überörtlichem Sozialhilfeträger. kein Anspruch auf Prozesszinsen
Orientierungssatz
Die Regelung des § 291 BGB über die Gewährung von Prozesszinsen im Rahmen zivilrechtlicher Schuldverhältnisse ist nicht entsprechend auf die Erstattungsansprüche zwischen einem örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe (hier: im Rahmen einer Aufwendungserstattung nach § 4 Abs 2 BSHGAG BB) anwendbar (vgl BSG vom 19.9.2007 - B 1 KR 39/06 R = SozR 4-2500 § 19 Nr 4).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 24. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 521,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig sind noch Prozesszinsen für eine Ausgleichsforderung des Klägers betreffend den Zeitraum 26. Januar 2004 bis 18. Februar 2004.
Der Kläger war der örtliche Träger der Sozialhilfe, der für den Wohnsitz der 1950 geborenen I G (im Folgenden Hilfeempfängerin) im streitigen Zeitraum zuständig war. Die Hilfeempfängerin, die bei keiner gesetzlichen Krankenkasse oder privaten Krankenversicherung Mitglied war, wurde am 30. September 2003 zur stationären Behandlung in das DRK-Krankenhaus L aufgenommen und von dort am 7. Oktober 2003 zur Weiterbehandlung in die Charité B-Campus R V verlegt, wo am 13. Oktober 2003 eine Tumorteilexstirpation vorgenommen wurde (Diagnose: bifrontales anaplastisches Oligodendrogliom). Auf ihren Antrag vom 27. November 2003 hin wurde ihr, zunächst befristet bis Juli 2006, ein Grad der Behinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch von 100 zuerkannt und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Merkzeichen B, G und H festgestellt (Bescheid des Amtes für Soziales und Versorgung C vom 13. Februar 2004; Funktionsbeeinträchtigungen: Erkrankung des Gehirns, Beeinträchtigung der Gehirnfunktion, Hirnschädigung mit Gangstörung, Harninkontinenz, Stuhlinkontinenz; Herzleistungsminderung, abgelaufener Herzinfarkt, Bluthochdruck, Coronardilatation/Stent; Diabetes mellitus). Außerdem wurde ab 26. November 2003 das Vorliegen der Voraussetzungen der Pflegestufe II der Sozialen Pflegeversicherung festgestellt.
Vom 26. Januar 2004 bis zum 16. Februar 2004 befand sich die Hilfeempfängerin für eine Strahlentherapie stationär in der Charité B. Die dafür vom Krankenhaus in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von 9.399,02 € beglich der Kläger. Er machte sie gegenüber dem Beklagten als einen von diversen Rechnungsposten für die Anpassung der Kostenerstattungspauschale für das Jahr 2004 nach dem Brandenburger Ausführungsgesetz zum Bundessozialhilfegesetz (AG-BSHG) geltend. Der Beklagte lehnte unter anderem die Erstattung der 9.399,02 € mit Bescheid vom 25. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2007 ab. Die geleistete Krankenhilfe falle in die Zuständigkeit des Klägers als örtlicher Träger der Sozialhilfe.
Gegen den Bescheid hat der Kläger am 7. März 2007 Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erhoben, mit der er unter anderem die Zahlung von 9.399,02 € unter Änderung des Bescheides vom 25. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2007 sowie Zinsen auf die geltend gemachte Forderung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit begehrt hat. Die Klage (Az. S 20 SO 28/07) ist zunächst mit einer bereits anhängigen verbunden worden, welche die Erstattungsforderung für der Hilfeempfängerin gewährte Krankenhilfe im Jahr 2003 betroffen hatte (S 20 SO 85/05). In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Potsdam am 24. Oktober 2007 schlossen die Beteiligten über die Erstattungsforderung für das Jahr 2003 einen Vergleich, worauf das Verfahren betreffend die Erstattungsforderung für das Jahr 2004 wieder getrennt und unter dem Aktenzeichen S 20 SO 147/07 fortgeführt wurde. Insoweit beschränkte der Kläger seine Klage dann auf die Erstattung der Kosten für die stationäre Behandlung vom 26. Januar 2004 bis zum 16. Februar 2004, entsprechend 9.399,02 €, zuzüglich Prozesszinsen. Der Beklagte bestritt die Hauptforderung der Höhe nach nicht.
Durch Urteil vom 24. Oktober 2007 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 25. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2007 verurteilt, an den Kläger weitere 9.399,02 € zu zahlen. Die Hilfeempfängerin habe zu dem nach § 39 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) berechtigten Personenkreis gehört, so dass der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe dem Kläger als örtlichem Träger erstattungspflichtig sei. Betreffend die Zinsforderung wies es die Klage ab. Hierfür gebe es keine Rechtsgrundlage. Für Zinsansprüche zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts enthalte § 108 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) eine abschließende Regelung. Sie könne vorliegend bereits deshalb nicht angewendet werden,...