Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Unterkunftsbedarf von Kindern bei Betreuung im Wechselmodell. Einkommensberücksichtigung. Kindergeld
Leitsatz (amtlich)
1. Im Fall des hälftigen Wechselmodells bei der Kinderbetreuung haben die Kinder einen Unterkunftsbedarf beim jeweiligen Elternteil nur für die Zeit der Betreuung durch diesen Elternteil.
2. Das Kindergeld ist in diesen Fällen nur in der Bedarfsgemeinschaft des Kindergeldberechtigten und nicht pro rata temporis anzurechnen.
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Mai 2018 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über höhere Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II für den Zeitraum von März bis August 2016 im Hinblick auf eine volle oder hälftige Anrechnung des Kindergeldes bei im hälftigen Wechselmodell erfolgender Kinderbetreuung und die auch insofern strittige Bestimmung des Bedarfs für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH).
Die im März 1974 geborene Klägerin zu 1) betreut im Wechselmodell mit dem Vater der Kläger zu 2) bis 4) die gemeinsamen im Mai 2002, August 2005 und Februar 2008 geborenen Kinder - die Kläger zu 2) bis 4). Beide Eltern haben das Sorgerecht inne. Barunterhalt wird von keinem der Elternteile an den jeweils anderen geleistet. Weder Unterhaltsansprüche noch familienrechtliche Ausgleichsansprüche sind gerichtlich festgestellt. Die Klägerin zu 1) bezog im Zeitraum von März bis August 2016 das Kindergeld für die Kinder in Höhe von 576 Euro (zwei mal 190 Euro und für das jüngste Kind i.H.v. 196 Euro). Sie erzielte Erwerbseinkommen in diesem Zeitraum jeweils i.H.v. 940,34 Euro brutto, 749,22 Euro netto monatlich.
Die Bruttokaltmiete der 102,51 m2 großen Wohnung der Kläger mit Gasheizung und dezentraler Warmwasserversorgung betrug monatlich 679,12 Euro. Der Abschlag auf die Heizkosten betrug bis Mai 2016 monatlich 78 Euro, für Juni 2016 war kein Abschlag zu zahlen. Mit der Abrechnung vom 13. Mai 2016 verlangte der Gasversorger eine Nachzahlung i.H.v. 59,62 Euro und monatliche Abschläge beginnend ab 1. Juli 2016 i.H.v. monatlich 85,00 Euro.
Die Klägerin zu 1) beantragte am 1. Februar 2016 die Weitergewährung von Grundsicherungsleistungen. Die dabei eingereichte Bezügeabrechnung für Januar 2016 wies Entgelt i.H.v. 921,90 Euro brutto, 734,52 Euro netto aus.
Die Beklagte gewährte den Klägern mit Bescheid vom 9. Februar 2016 Grundsicherungsleistungen für März und April 2016 jeweils i.H.v. 606,01 Euro, für Mai 2016 i.H.v. 612,17 Euro und für die Monate Juni bis August 2016 i.H.v. monatlich jeweils 546,53 Euro. Dabei berücksichtigte die Beklagte einen Regelbedarf für die Klägerin zu 1) i.H.v. 404 Euro monatlich, einen Mehrbedarf für alleinerziehende Leistungsberechtigte i.H.v. 71,82 Euro (hälftiger Maximalmehrbedarf) sowie einen Mehrbedarf bei dezentraler Warmwassererzeugung i.H.v. 9,29 Euro und für die Kläger zu 2) bis 4) anteilig jeweils für einen halben Monat i.H.v. 135 Euro sowie einen anteiligen Warmwassermehrbedarf i.H.v. jeweils 1,62 Euro. Als Bedarfe für die KdUH berücksichtigte die Beklagte bis Mai 2016 insgesamt 757,17 Euro, 473,22 Euro für die Klägerin zu 1) und jeweils 94,65 Euro für die Kläger zu 2) bis 4). Dabei setzte sie jeweils für einen halben Monat kopfteilig für jeden der Kläger ein Viertel der Mietkostenbestandteile und für den anderen halben Monat die gesamten restlichen Unterkunftskosten bei der Klägerin zu 1) an. Ab Juni 2016 ließ die Beklagte Abschläge auf die Gaskosten unberücksichtigt. Das Kindergeld rechnete die Beklagte jeweils vollständig bei den Kindern an. Arbeitseinkünfte berücksichtigte die Beklagte i.H.v. 734,52 Euro netto bei einem Freibetrag von 264,38 Euro. Wegen Vollendung des 14. Geburtstags der Klägerin zu 2) erhöhte sich deren Regelbedarf ab Mai 2016, wobei die Beklagte im Monat Mai 2016 die Änderung erst ab dem Zeitpunkt des Geburtstages berücksichtigte. Die Kläger zu 2) bis 4) erhielten Sozialgeld nur für die Bedarfe der KdUH zwischen 11,71 Euro monatlich (Kläger zu 4) für die Monate Juni bis August 2016) und 23,26 Euro (Klägerin zu 2) für Mai 2016.
Gegen den Bescheid wandte sich die Klägerin zu 1) für die gesamte Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Widerspruch vom 10. März 2016. Die Rechtswidrigkeit des Bescheides beruhe im Wesentlichen auf der überhöhten Einkommensanrechnung des vollen Kindergeldes, während die Klägerin zu 1) die Hälfte des Kindergeldes an den Kindesvater weiterleite. Wegen der Bedarfsanteilsmethode und der entsprechenden Einkommensverteilung wirke sich diese überhöhte Anrechnung auf alle vier Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aus. Soweit das Kindergeld vollständig als Einkommen der nur temporär in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder angerechnet worden sei, fehle es hierfür an einer rechtlichen Grundlage. Wegen der Weiterleitung des Kindergeldes stehe es in der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin zu 1) nicht...