Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Befreiung von der Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Bestandsschutz. Arbeitgeberwechsel
Orientierungssatz
1. Eine in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht ist nach § 6 Abs. 5 S. 1 SGB 6 auf die jeweilige Beschäftigung beschränkt. Dies gilt gemäß § 231 Abs. 1 S. 1 SGB 6 in gleicher Weise für Personen, die am 31. 12. 1991 von der Versicherungspflicht befreit waren. Die befreiten Personen sind in Beschäftigungen, auf die sich die Befreiung nicht erstreckt, nach Maßgabe des SGB 6 versicherungspflichtig. Die Versicherungspflicht in diesen Beschäftigungen tritt dabei kraft Gesetzes ein.
2. Die Übergangsregelung in § 231 Abs. 1 S. 1 SGB 6 gewährt keinen umfassenden, sondern nur einen auf die konkrete Erwerbstätigkeit bezogenen Bestandsschutz. Dementsprechend schließt ein Arbeitgeberwechsel den Bestandsschutz aus.
Normenkette
SGB VI § 6 Abs. 5 S. 1, § 23 Abs. 1 S. 1; AVG § 7 Abs. 2; SGB IV § 28p Abs. 1 Sätze 1, 5
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht ein Prüfbescheid der Beklagten, soweit darin Rentenversicherungsbeiträge für die mittlerweile verstorbene frühere Beigeladene zu 1) sowie Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung und zur Umlagekasse U2 für den Beigeladenen zu 2) festgesetzt sind.
Die Beigeladene zu 1) war als Zahnärztin zunächst Pflichtmitglied in der Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz und deren Versorgungsanstalt.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend nur noch: “die Beklagte„) befreite sie mit Bescheid vom 1. Dezember 1983 nach § 7 Abs. 2 Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Angestellten. Als Beginn der Befreiung wurde der 15. Oktober 1983 festgelegt, gleichzeitig der Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bzw. “der Versicherungspflicht„ und der Beginn der Mitgliedschaft in der genannten Versorgungseinrichtung.
Weiter heißt es in dem Bescheid: “Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu entrichten wären. Werden mehrere Beschäftigungen ausgeübt, so gilt die Befreiung nur für die Beschäftigung, auf der die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung beruht und nach deren Arbeitsentgelt die Versorgungsabgaben zu berechnen sind.„ Die Beklagte habe bei Wegfall der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 AVG die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu widerrufen. Es müssten deshalb die Umstände angezeigt werden, die zum Wegfall der Voraussetzungen führten, beispielweise dass die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung ende oder keine Versorgungsabgaben mehr zu entrichten seien. Die Befreiung ende erst mit förmlichem Widerruf.
Die verstorbene Beigeladene zu 1) praktizierte später ( in Nordrhein-Westfalen als Zahnärztin und war Pflichtmitglied der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe und damit gleichzeitig Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe.
Mit Anstellungsvertrag vom 18. Januar 1999 stellte die Klägerin die Beigeladene zu 1) als Unternehmensberaterin ein. Eine zahnärztliche Tätigkeit im Sinne der berufsmäßigen auf zahnärztlich wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten gemäß § 1 Abs. 3 Zahnheilkundegesetz übte sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr aus.
Aufgabe der Beigeladenen zu 1) war die Beratung und Schulung der Steuerberater und deren zahnärztlichen Mandanten bzgl. wirtschaftlicher Optimierung von Zahnarztpraxen durch Einzelberatungen, Workshops und Seminare, Artikel und Beiträge sowie Kontaktpflege.
Für die Jahre 1999 bis 2002 wurden für sie Pflichtbeiträge beim Versorgungswerk entrichtet. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung wurden hingegen nicht abgeführt.
Der Beigeladene zu 2) war aufgrund des Anstellungsvertrages vom 4. Oktober 1999 ab 1. Oktober 1999 “im Rahmen einer Nebenbeschäftigung„ als Projektkoordinator beschäftigt. Hauptberuflich war er ausweislich des § 2 des Anstellungsvertrages bei der S GmbH E als Verwaltungsleiter beschäftigt, einem zum Verbund der Klägerin gehörenden Unternehmen. Die Klägerin entrichtete im Zeitraum Oktober 1999 bis Ende Dezember 2002 für ihn keine Beiträge zur Sozialversicherung und keine Beiträge zur Umlagekasse U2.
Die Beklagte führte bei der Klägerin im Rahmen eines Prüfverfahrens nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) am 12. September 2003 eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 1999 bis ...