Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Rückwirkung des Antrags auf den Monatsersten. Einkommens- und/oder Vermögensberücksichtigung. Beitragsrückerstattung der privaten Krankenversicherung. vor Antragstellung zugeflossener Rückkaufswert einer Lebensversicherung. Schuldentilgung. Antragstag als Stichtag für die Vermögensbewertung
Orientierungssatz
1. Die dem Leistungsberechtigten vor Antragstellung am fünften Tag des Antragsmonats zugeflossene Beitragsrückerstattung einer privaten Krankenversicherung stellt gemäß § 11 SGB 2 iVm § 37 Abs 2 S 2 SGB 2 zu berücksichtigendes Einkommen und kein Vermögen dar.
2. Bei der Beitragsrückerstattung einer private Krankenversicherung handelt es sich auch nicht um freiwillig angespartes Vermögen oder eine zweckbestimmte Einnahme im Sinne des § 11a Abs 3 S 1 SGB 2.
3. Aus § 12 Abs 4 S 2 SGB 2 ergibt sich, dass der vor Antragstellung zugeflossene Rückkaufswert einer gekündigten Lebensversicherung, mit dem ein Dispositionskredit ausgeglichen wurde, nicht in voller Höhe als Vermögen zu berücksichtigen ist. Unabhängig von der Regelung des § 37 Abs 2 S 2 SGB 2 und anders als bei der Einkommensberücksichtigung ist maßgeblicher Zeitpunkt der Vermögensbewertung der Tag der Antragstellung. Eine fiktive Anrechnung von Vermögen unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Leistungsberechtigte durch die Verrechnung im Kontokorrent keiner Forderung seiner Bank mehr ausgesetzt ist, kommt insoweit nicht in Betracht.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten. Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung der ersten Instanz.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - für die Zeit vom 1. September 2013 bis zum 31. Oktober 2013.
Der Kläger ist am 1969 geboren.
Er ist mit Frau A B verheiratet. Der Kläger und seine Ehefrau leben seit dem Jahr 2010 getrennt. Sie haben zwei gemeinsame Töchter (geb. in den Jahren 2000 und 2004). Für diese leistet der Kläger Unterhalt. Dazu verpflichtete sich der Kläger in einer Urkunde des Landratsamts W Land - Jugendamt über die Verpflichtung zur Unterhaltsleistungen vom 18. November 2010. Danach beträgt der monatliche Unterhalt seit dem 1. Dezember 2010 für jedes Kind 291,00 Euro. Der Kläger unterwarf sich diesbezüglich der sofortigen Zwangsvollstreckung.
Am 5. September 2013 und am 7. Oktober 2013 überwies der Kläger an seine Frau Unterhalt für die Töchter in Höhe von zusammen jeweils 582,00 Euro.
Seit September 2011 und auch im streitgegenständlichen Zeitraum war der Kläger selbständig tätig im Bereich Video-, Foto- und Multimediaproduktion.
Für seine private Krankenversicherung hatte der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum Aufwendungen in Höhe von 324,74 Euro monatlich.
Aufwendungen für Unterkunft und Heizung hatte der Kläger nicht, da er kostenfrei bei einem Bekannten lebte.
Anfang September 2013 zog der Kläger nach B um. Zuvor lebte der Kläger in A. Dort wurde ein Leistungsantrag des Klägers mit Bescheid des Jobcenters W Land vom 29. Juli 2013 mit der Begründung abgelehnt, dass der Kläger über verwertbares Vermögen verfüge, welches den Vermögensfreibetrag von 7.200,00 Euro mit 5.205,51 Euro übersteige.
Zum 1. September 2013 bestätigte die D die Kündigung der bei ihr bestehenden Lebensversicherung (Nr. 4990817.2).
Am 4. September 2013 wurde dem bei der P unterhaltenen Girokonto des Klägers (Nr. ) aus der gekündigten Lebensversicherung ein Betrag Höhe von 12.171,23 Euro gutgeschrieben.
Da das Girokonto am 2. September 2013 ein Sollsaldo von - 5.531,37 Euro aufwies, betrug das Guthaben nach der Gutschrift 6.639,86 Euro.
Am 5. September 2013 bezog der Kläger einen Betrag in Höhe von 1.001,79 Euro aus einer Beitragsrückerstattung seiner privaten Krankenversicherung (D, Service Nr. ).
Am 19. September 2013 stellte der Kläger beim Beklagten einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II.
Er gab bei Antragstellung an, über vier verschiedene Girokonten zu verfügen: ein Girokonto bei der Nbank (Kontonr. ) mit einem Saldo von 1.884,81 Euro, ein Girokonto bei der Pbank (Kontonr. ) mit einem Saldo von 2.527,54 Euro, ein Girokonto bei der Nbank (Kontonr. ) mit einem Kontostand von 119,87 Euro und ein Girokonto bei der Cbank (Kontonr. ) mit einem Saldo von 57,27 Euro. Darüber hinaus verfügte der Kläger über ein Sparbuch mit einem Sparguthaben in Höhe von 47,45 Euro sowie einen Riesterrentenvertrag bei der D (Nr. ).
Mit Bescheid vom 9. Oktober 2013 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers für die Zeit ab 1. September 2013 ab. Mit den von ihm nachgewiesenen Einkommensverhältnissen sei der Kläger nicht hilfebedürftig. Die im September 2013 erfolgten zwei Einmalzahlungen in Höhe von 12.171,23 Euro und 1.001,79 Euro seien als einmalige Einnahme zu betrachten und auf einen Zeitraum von se...