Entscheidungsstichwort (Thema)

Halbwaisenrente. Wartezeit. Kindererziehungszeit. Verlängerung

 

Leitsatz (redaktionell)

In der gesetzlichen Rentenversicherung können Zeiten der Kindererziehung nicht fiktiv über den Tod des Elternteils hinaus als Beitragszeiten angerechnet werden.

 

Normenkette

SGB VI § 56 Abs. 5 Sätze 2, 1, Abs. 1 S. 1, § 55 Abs. 1 S. 2, § 33 Abs. 4 Nr. 4, § 34 Abs. 1, § 48 Abs. 1 Nr. 2, § 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; SGB X § 44 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.08.2014; Aktenzeichen B 13 R 37/13 R)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren von der Beklagten eine Halbwaisenrente nach ihrer verstorbenen Mutter.

Die Klägerin zu 1 wurde 1996 geboren, der Kläger zu 2 1997. Sie sind die leiblichen Kinder der 1977 geborenen und 1999 verstorbenen M T (Versicherte).

Die durch ihren Vater gesetzlich vertretenen Kläger stellten bei der Beklagten am 06. Oktober 1999 einen Antrag auf Halbwaisenrente. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheiden vom 21. Oktober 1999 unter Hinweis darauf ab, dass in der fünfjährigen Wartezeit insgesamt nur drei Jahre und drei Monate mit anrechenbaren Zeiten zurückgelegt worden seien.

Die Kläger stellten am mit Schreiben vom 22. Oktober 2009 einen Überprüfungsantrag. Sie verwiesen darauf, dass der Versicherten für jedes ihrer Kinder jeweils 36 Monate Erziehungszeiten anzurechnen seien. Die Beklage lehnte mit Bescheid vom 03. November 2009 die Rücknahme der Bescheide vom 21. Oktober 1999 ab. Die erforderliche Wartezeit von fünf Jahren sei nicht erfüllt. Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten könnten nur bis um Todestag der Versicherten anerkannt werden. Verlängerungszeiten könnten somit nicht anerkannt werden, weil die Versicherte bereits vor Ablauf der höchstmöglichen Kinderziehungszeit von drei Jahren verstorben sei.

Die Kläger erhoben am 28. November 2009 Widerspruch. Es seien für jedes Kind jeweils 36 Monate Kindererziehungszeiten zu berücksichtigen. Die Kindererziehungszeiten seien zu addieren. Denn es liege ein Fall der gleichzeitigen Erziehung mehrerer Kinder vor. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2010 zurück.

Die Kläger haben ihr Begehren mit der am 10. März 2010 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Sie haben die Auffassung vertreten, dass mit der von der Beklagten vorgenommenen Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten der gesetzliche Regelungszweck verfehlt werde. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12. Januar 2012 abgewiesen. Die Versicherte habe so, wie es die Beklagte ihrer Verwaltungsentscheidung zutreffend zugrunde gelegt habe, lediglich eine Versicherungszeit von 39 Monaten zurückgelegt und somit die Wartezeit nicht erfüllt.

Die Kläger haben gegen das ihnen am 23. Januar 2012 zugestellte Urteil am 24. Februar 2012 Berufung eingelegt. Sie halten an ihrem bisherigen Vorbringen fest.

Sie beantragen (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Januar 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 03. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihnen unter Rücknahme der Bescheide vom 21. Oktober 1999 Halbwaisenrente nach der am 27. September 1999 verstorbenen Versicherten M T zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 24. September und 12. Oktober 2012 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter anstelle des Senats zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, des Ergebnisses der Beweisaufnahme und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Der Berichterstatter kann, weil die vorliegende Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch von grundsätzlicher Bedeutung ist, in Ausübung des insofern eröffneten richterlichen Ermessens anstelle des Senats im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. §§ 155 Abs. 3 und 4, 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet. Die Voraussetzungen der für das klägerische Begehren einzig in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlage aus § 44 Abs. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) liegen nicht vor.

Nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbr...

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