Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Erteilung einer Prozessvollmacht. Benennung eines Rechtsanwalts im Prozesskostenhilfeantrag. kein Vertretungsverhältnis durch gerichtliche Anwaltsbeiordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Prozessvollmacht kann auch durch die Benennung eines Rechtsanwalt im Prozesskostenhilfeantrag erteilt werden. Dies kann ausdrücklich oder konkludent geschehen. Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes durch das Gericht als solche bewirkt keine Bevollmächtigung.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. November 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der 1960 geborene Kläger beansprucht ausweislich seines vor dem Sozialgericht gestellten Antrags, seinen Versicherungsverlauf, der länger als sechs Jahre zurückliegt, verbindlich festzustellen.

Der in Polen lebende Kläger war sei dem 1. Dezember 1987 verheiratet. Nachdem die Eheleute längere Zeit in der Bundesrepublik Deutschland gelebt hatten, kehrte der Kläger am 2. Juni 2003 nach Polen zurück. Er trägt vor, seine Frau und seine Tochter seien von Februar 2003 bis zum August 2003 in P gewesen und sie seien in dieser Zeit noch ein „Ehepaar“ gewesen. Seine Ehefrau reiste sodann zusammen mit der gemeinsamen Tochter im Sommer 2003 in die Bundesrepublik aus. Der Kläger spricht in diesem Zusammenhang davon, seine Tochter sei „entführt“ worden.

Mit Urteil des Amtsgerichts (Familiengerichts) L vom 17. September 2008 wurde die Ehe geschieden, das Gericht setzte das Ehezeitende auf den 30. Juli 2006 fest. Der Versorgungsausgleich war von dem Verfahren abgetrennt worden.

Mit Bescheid vom 9. Februar 2010 stellte die Beklagte nach § 149 Abs. 5 SGB VI den Versicherungsverlauf verbindlich fest, und zwar für alle Zeiten, die länger als 6 Kalenderjahre zurücklagen, also die Zeiten bis zum 31. Dezember 2003. Dies gelte nicht, so der Bescheid, für ausländische Versicherungszeiten vom 2. Juni 2003 an, ebenso nicht für die polnische Zeit vom 1. Februar 2005 bis zum 30. Juni 2007, da hierfür keine Arbeitsbescheinigungen eingereicht worden seien.

Über den Versorgungsausgleich der früheren Eheleute entschied das Familiengericht mit Beschluss vom 25. März 2010. Im Zusammenhang mit der Scheidung und dem Versorgungsausgleich gab bzw. gibt es eine Fülle von Nachfolge- und Parallelverfahren. So zeigte der Kläger seine frühere Frau u. a. wegen Falschaussage im Zusammenhang mit der Ehescheidung bei der Staatsanwaltschaft an; über den Ausgang der Ermittlungen ist nichts bekannt.

Den gegen den Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 2010 vom Kläger eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. September 2010 zurück. Der Kläger habe am 2. Juni 2003 das Bundesgebiet verlassen und seinen ständigen Wohnsitz in Polen genommen. Beschäftigungszeiten dort fielen nicht unter die Regelung des SGB VI. Eine Anrechnung dieser Zeiten im deutschen Versicherungskonto könne nur erfolgen, soweit für einen Berechtigten ausländische Versicherungszeiten durch den zuständigen ausländischen Versicherungsträger bestätigt worden seien. Polnische Stellen hätten unter dem 23. Juli 2009 die Zeiten des Klägers (nur) bis einschließlich 16. August 1988 verbindlich festgestellt. Sie, die Beklagte, habe in dieser Hinsicht keine eigene Kompetenz und sei an die polnische Entscheidung gebunden. Für Zeiten ab dem 1. Februar 2005 habe der Kläger keine Unterlagen vorgelegt. Der angefochtene Bescheid stelle ausschließlich Sachverhalte fest, die bis zum 31. Dezember 2003 zurückgelegt worden seien; für alle späteren Zeiträume treffe der Bescheid keine Regelung.

Der Kläger hat am 14. Oktober 2010 Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben, das sich in der Folge mühte, den genauen Streitgegenstand zu ermitteln. Der Rechtsanwalt, der den Kläger vor dem Familiengericht vertreten hatte, lehnte eine Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe ab, das Gericht ordnete einen anderen Rechtsanwalt bei, der es später jedoch ablehnte, den Kläger weiter zu vertreten. Das Sozialgericht Berlin hat sodann den Rechtsstreit mit Beschluss vom 16. November 2012 an das örtlich zuständige Sozialgericht Frankfurt (Oder) verwiesen.

Nachdem am 17. Dezember 2013 das Sozialgericht Frankfurt (Oder) (erneut) Prozesskostenhilfe bewilligt und die von dem Kläger benannte (auch) polnischsprachige Rechtsanwältin O-M beigeordnet hatte, hat die beigeordnete Rechtsanwältin in der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober 2014 „den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt“ erklärt, nachdem sie verschiedene Anträge zur weiteren Bescheidung bei der Beklagten gestellt und diese sachliche Bescheidung zugesichert hatte. Im Anschluss ist die Klage nach richterlicher Verfügung ausgetragen worden.

Anfang Juni 2015 hat der Kläger beantragt, das Verfahren fortzuführen. Die beigeordnete Rechtsanwältin hat auf die Anfrage des Gerichts mitgeteilt, ihr sei keine schriftliche Vollmac...

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