Entscheidungsstichwort (Thema)
Abtretung. Rangfolge. Berücksichtigung unterhaltspflichtiger Personen für die Ermittlung des pfändbaren Beitrages. Zinsen. Pfändung eines Rentenanspruchs: Pflicht des Rentenversicherungsträgers zur Ermittlung des Pfändungsfreibetrages
Orientierungssatz
1. Im Sozialgerichtlichen Verfahren ist eine Anschlussberufung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung möglich und dabei auch zum Zwecke der Klageerweiterung zulässig.
2. Eine Altersrente ist eine abtretbare Geldleistung im Sinne des § 53 Abs. 3 SGB I. Dabei ist auch die Vorausabtretung künftiger Rentenansprüche möglich. Eine Abtretung ist jedoch nur in Bezug auf den pfändbaren Teil zulässig.
3. Die Ermittlung der Höhe des pfändbaren Betrages obliegt bei einer Altersrente dem Rentenversicherungsträger.
4. Bei der Ermittlung des pfändbaren Betrages einer Altersrente durch den Rentenversicherungsträger kann dieser mögliche gesetzliche Unterhaltsansprüche unterhaltsberechtigter Angehöriger jedenfalls solange berücksichtigen, wie er keine Kenntnis über das Nichtbestehen eines Unterhaltsanspruchs hat (hier: fehlende Unterhaltsberechtigung des Ehegatten eines Rentners).
5. Gewährt ein Rentner tatsächlich keinen Unterhalt an seinen getrennt lebenden Ehegatten, wird der Rentenversicherungsträger, der den möglichen Unterhaltsanspruch bei der Ermittlung des pfändbaren Betrages einer Altersrente berücksichtigt und den als unpfändbar bestimmten Teil an den Rentenempfänger ausgezahlt hat, in entsprechender Anwendung des § 407 Abs. 1 BGB von seiner Leistungspflicht gegenüber einem Pfändungsgläubiger frei. Das gilt jedenfalls solange, wie dem Rentenversicherungsträger keine konkreten Kenntnisse oder zumindest Anhaltspunkte über das Nichtbestehen der Unterhaltpflicht vorliegen
6. Die Verzinsung eines Rentenanspruchs ergibt sich aus § 44 Abs. 1 SGB 1. Das gilt für die Verzinsung in einem Rechtsstreit um die Pfändung eines Rentenanspruch.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. September 2006 aufgehoben. Die Klage hinsichtlich der Anträge zu I. und II. 2. aus dem Schriftsatz vom 21. Januar 2002 wird abgewiesen.
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 18.130,07 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 v. H. aus 3.932 Euro seit dem 18. April 2002 sowie jeweils ab dem Monatsersten aus jeweils 322,00 Euro für den Zeitraum vom 01. Mai 2002 bis 01. Juli 2002, aus jeweils 326,00 Euro für den Zeitraum vom 01. August 2002 bis 01. Januar 2003, aus jeweils 338,00 Euro für den Zeitraum vom 01. Februar 2003 bis 01. Juli 2003, aus jeweils 347,00 Euro für den Zeitraum vom 01. August 2003 bis 01. Januar 2004, aus jeweils 238,00 Euro für den Zeitraum vom 01. Februar 2004 bis 01. April 2004, aus jeweils 231,00 Euro für den Zeitraum vom 01. Mai 2004 bis 01. Juli 2005, aus jeweils 192,00 Euro für den Zeitraum vom 01. August 2005 bis 01. Oktober 2005 und aus jeweils 185,00 Euro für den Zeitraum vom 01. November 2005 bis 01. November 2006 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Klage ab- und die Anschlussberufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits zur Hälfte zu erstatten. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens der Beigeladenen zu 4) und der Beigeladenen zu 5) jeweils zur Hälfte zu tragen.
Außergerichtliche Kosten der weiteren Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen dem Kläger und der Beklagten ist die Höhe des abgetretenen Teils einer Altersrente im Zeitraum vom 01. März 2000 bis 31. Oktober 2006 streitig.
Der Kläger ist der Sohn des 1937 geborenen Beigeladenen zu 1). Der Beigeladene zu 1), der als Berufssoldat im Ruhestand infolge strafrechtlicher Verurteilung seine Ansprüche auf Versorgung verloren hatte, zeigte dies im August 1998 der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend ebenfalls Beklagte genannt) an und legte außerdem die Abtretungserklärungen vom 21. August 1998, 22. August 1998, 24. August 1998, 25. August 1998, 26. August 1998 und 27. August 1998 vor. Darin trat er seine zukünftigen Rentenansprüche gegen die Beklagte an die dort im Einzelnen genannten Abtretungsempfänger, die diese Erklärung annahmen, zur Rückzahlung an ihn gewährter Darlehen unter anderem an den Kläger in Höhe von 142 495,78 DM zzgl. 10 v. H. Zinsen (Abtretungserklärung vom 21. August 1998) und an die Beigeladene zu 3) in Höhe von 150 000,00 DM zzgl. 10 v. H. Zinsen (Abtretungserklärung vom 22. August 1998) ab.
Nachdem der Beigeladene zu 1) für die Zeit vom 02. September 1957 bis 16. Januar 1990 nachversichert worden war, gewährte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 11. April 2000 Altersrente für langjährig Versicherte ab 01. März 2000 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 2 539,48 DM. Der monatliche Zahlbetrag erhöhte sich zum 01. Juli 2000 auf 2 554,73 DM.
Mit Bescheiden vom 26. September 2000 und vom 17. Mai 2001 verfügte die Beklagte, dass diese Altersrente ab 01. Dezember ...