Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Versorgung bei einem beatmungspflichtigen Patienten
Orientierungssatz
1. Intensivmedizin ist die Behandlung, Überwachung und Pflege von Patienten, bei denen die für das Leben notwendigen vitalen oder elementaren Funktionen von Atmung, Kreislauf, Homöostase und Stoffwechsel lebensgefährlich bedroht oder gestört sind, mit dem Ziel, diese Funktionen zu erhalten, wiederherzustellen oder zu ersetzen, um Zeit für die Behandlung des Grundleidens zu gewinnen (vgl BSG vom 28.2.2007 - B 3 KR 17/06 R = SozR 4-2500 § 39 Nr 8 RdNr 19).
2. Die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Versorgung des Versicherten lässt sich nicht allein mit der Notwendigkeit einer Überwachung der Atmung begründen. Es müssen weitere Umstände über die Beatmungspflichtigkeit hinaus gegeben sein, um die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Versorgung im Sinne der Kodierrichtlinien begründen zu können (vgl LSG Essen vom 14.2.2019 - L 16 KR 562/17 = KRS 2019, 306 = juris RdNr 45).
3. Für die Anerkennung als Intensivbehandlung reicht es nicht aus, dass bei einem Patienten wegen schwerer Krankheiten und Behinderungen ein stark erhöhter Pflege- und Betreuungsbedarf besteht. Kennzeichnend für eine Intensivbehandlungsbedürftigkeit ist nämlich, dass sie gerade zur Abwehr einer akuten lebensbedrohlichen Krise erforderlich geworden ist.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 11. November 2016 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 16.441,76 € nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2012 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist die Höhe der Vergütung für eine Behandlung im Krankenhaus.
Die Beklagte ist ein zur Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen nach § 108 Sozialgesetzbuch zugelassenes Krankenhaus. Sie unterhält eine Kinderintensivstation
Die 1992 geborene Versicherte der Klägerin C K litt u.a. an Enzephalomyelitis, Tetraparese, Polyneuropathie und einem apallischen Syndrom. Sie war mit einem Tracheostoma versorgt und musste künstlich beatmet und ernährt werden. Mit vertragsärztlicher Verordnung von Krankenhausbehandlung wurde sie wegen eines akuten Harnweginfekts vom 6. März 2009 bis zum 18. März 2009 von der Beklagten zur Behandlung aufgenommen. Nach der Behandlung auf der Kinderintensivstation wurde die Versicherte in stabilem Allgemeinzustand entlassen.
Für die Behandlung der Versicherten stellte die Beklagte der Klägerin am 31. März 2009 einen Betrag von 19.251,39 € in Rechnung, der von der Klägerin zunächst vollständig bezahlt wurde. Mit Schreiben vom 20. April 2009 zeigte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) der Beklagten an, dass die Klägerin eine Überprüfung der Abrechnung eingeleitet habe. Die Versicherte sei bereits heimbeatmet gewesen und nicht intensivmedizinisch behandelt worden. Der MDK kam in seinem von Herrn J M am 4. Januar 2010 erstellten Gutachten zu der Auffassung, dass die Abrechnung medizinisch nicht sachgerecht sei. Die Beatmungsstunden könnten nicht berücksichtigt werden, da es sich nicht um eine intensivmedizinische Versorgung/Behandlung gehandelt habe. Eine intensive Überwachung allein sei nicht ausreichend. Bei zutreffender Kodierung ergebe sich ein Behandlungsentgelt in Höhe von 2.809,63 €.
Mit Schreiben vom 6. Januar 2010 forderte die Klägerin die Beklagte unter Hinweis auf das MDK-Gutachten zur Rückzahlung von 16.441,76 € auf. Das lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 12. Januar 2010 ab, weil die Versicherte während ihres gesamten Aufenthalts auf der Kinderintensivstation gelegen habe. Wegen der intensivmedizinischen Versorgung seien die Beatmungszeiten zu erfassen gewesen.
Die Beklagte befragte erneut den MDK. Dieser blieb auch in einem weiteren, von Frau F U erstatteten Gutachten vom 26. August 2010 bei seiner bisherigen Auffassung. Der daraufhin von der Klägerin mit Schreiben vom 2. September 2012 erneuten Forderung nach Rückzahlung von 16.441,76 € widersetzte sich die Beklagte unter Hinweis auf Unterlagen, die noch dem MDK vorzulegen seien. Der MDK befand indessen am 13. Oktober 2010, dass keine neuen medizinischen Informationen übermittelt worden seien und das Gutachten vom 26. August 2010 unverändert weiter gelte.
Mit der am 5. Juni 2012 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Differenzbetrages von 16.441,76 €. Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 11. November 2016 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte, da die Vergütung der Behandlung rechtmäßig erfolgt sei. Die von der Beklagten abgerechnete DRG A11G sei zutreffend. Streitig zwischen den Beteiligten sei nur, ob es sich während des ges...