Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung der einem Mitarbeiter der Zollverwaltung der DDR gewährten kostenlosen Verpflegung und Unterkunft als Arbeitsentgelt
Orientierungssatz
1. Verpflegungsgeld sowie der Geldwert der kostenlosen Verpflegung und Unterkunft als Sachbezug zählen bei einem als Mitarbeiter bei der Zollverwaltung der DDR Beschäftigten zum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt nach § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG.
2. Bei dem Verpflegungsgeld handelt es sich nicht um die Entschädigung eines Mehraufwands; es diente vielmehr der eigenen Unterhaltssicherung, war damit eigenwirtschaftlich und nicht beruflich veranlasst. Es ist nach den Bestimmungen des EStG nicht steuerfrei. Damit rechnet es zum Arbeitsentgelt i. S. von § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG.
3. Ebenso ist die dem Mitarbeiter der Zollverwaltung der DDR gewährte kostenfreie Unterkunft in einer Gemeinschaftsunterkunft bzw. in einem Wohnheim Gegenleistung für die erbrachte Arbeit. Damit zählt deren Wert zum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt nach § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. Juli 2012 geändert.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2011 verpflichtet, den Entgeltüberführungsbescheid der Oberfinanzdirektion Berlin vom 25. August 1997 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30. November 2000 teilweise zurückzunehmen und für die Zeit ab dem 21. Oktober 2010
1. Verpflegungsgeld für die Zeiträume vom
a) 1. September 1960 bis 31. Dezember 1960 i.H.v. 408,70 Mark,
b) 1. Januar 1961 bis 31. Dezember 1961 i.H.v. 1.222,75 Mark,
c) 1. Januar 1962 bis 31. Dezember 1962 i.H.v. 1.246,20 Mark,
d) 1. Januar 1963 bis 31. Dezember 1963 i.H.v. 1.219,40 Mark,
e) 1. Januar 1964 bis 31. Dezember 1964 i.H.v. 1.125,60 Mark,
f) 1. Januar 1965 bis 31. Dezember 1965 i.H.v. 1.222,75 Mark,
g) 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1966 i.H.v. 1.116,95 Mark,
h) 1. Januar 1967 bis 31. Dezember 1967 i.H.v. 803,00 Mark,
i) 1. Januar 1968 bis 31. Dezember 1968 i.H.v. 805,20 Mark,
2. den Geldwert der kostenlosen Vollverpflegung (Sachbezug) für die Zeiträume vom
a) 1. Dezember 1957 bis 31. Dezember 1957 i.H.v. 62,00 Mark,
b) 1. Januar 1958 bis 31. Mai 1958 i.H.v. 302,00 Mark
c) 1. Juni 1958 bis 31. Dezember 1958 i.H.v. 716,90 Mark,
d) 1. Januar 1959 bis 31. Dezember 1959 i.H.v. 1.222,75 Mark,
e) 1. Januar 1960 bis 31. August 1960 i.H.v. 817,40 Mark
jeweils zu fünf Sechstel
und
3. den Geldwert der kostenlosen Unterbringung (Sachbezug) für die Zeiträume vom
a) 1. Dezember 1957 bis 31. Dezember 1957 i.H.v. 25,00 Mark,
b) 1. Januar 1958 bis 31. Dezember 1958 i.H.v. 300,00 Mark
c) 1. Januar 1959 bis 31. Dezember 1959 i.H.v. 300,00 Mark,
d) 1. Januar 1960 bis 31. Dezember 1960 i.H.v. 300,00 Mark,
e) 1. Januar 1961 bis 31. Oktober 1961 i.H.v. 250,00 Mark,
jeweils zu fünf Sechstel
als weiteres Arbeitsentgelt i.S.d. § 8 AAÜG festzustellen sowie für die Zeit vor dem 21. Oktober 2010 über die teilweise Rücknahme des Bescheides der Oberfinanzdirektion Berlin vom 25. August 1997 in der Fassung des Bescheides vom 30. November 2000 und die Feststellung der o.g. weiteren Entgelte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger drei Viertel seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Wege eines Überprüfungsverfahrens über die Berücksichtigung von Verpflegungsgeld sowie des Geldwertes kostenloser Verpflegung und kostenloser Unterkunft als weiteres tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt.
Der 1937 geborene Kläger war vom 1. Dezember 1957 bis zum 30. September 1990 als Mitarbeiter bei der Zollverwaltung der DDR beschäftigt, zuerst als Zollanwärter bzw. -kontrolleur beim Grenzkontrollamt D und zuletzt als Sachgebietsleiter im Rang eines Oberrates in der Hauptverwaltung in B. Ab dem 1. Oktober 1990 bezog er eine befristete erweiterte Versorgung.
Mit seiner Einstellung zum 1. Dezember 1957 nahm der Kläger seinen ständigen Wohnsitz in K-M-Stadt in der Z L Straße, einer Gemeinschaftsunterkunft, seit dem 1. Januar 1960 wohnte er in K und E ebenfalls in Gemeinschaftsunterkünften, und zog im Jahr 1961 nach B-J. Er erhielt ausweislich der vorliegenden Unterlagen eine Besoldung für den Dienstgrad, die Dienststellung, den Dienstort sowie das Dienstalter (so genannte Dienstbezüge). Hiervon wurden monatlich 10% für die Sozialversicherung im Sonderversorgungssystem sowie die Lohnsteuer abgezogen. Laut den Besoldungsstammkarten heiratete der Kläger am 6. Oktober 1961; am 25. Februar 1962, 11. Juli 1963 und am 20. März 1965 wurden die Kinder des Klägers geboren. Der Kläger bezog nach Geburt der Kinder Kinderzuschläge sowie ab März 1964 Ehegattenzuschlag. Außerdem erhielt er ausweislich der Besoldungsstammkarten neben seine...