Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung. Berufsunfähigkeitsrente und gleichzeitiger Bezug von Arbeitslosengeld in den Kalenderjahren 1999 und 2000. Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze. Bemessungsentgelt. Zahlbetrag. Aufhebungs- und Erstattungsbescheid. Vertrauensschutz. grobe Fahrlässigkeit

 

Orientierungssatz

1. In den Kalenderjahren 1999 und 2000 war bei Zusammentreffen einer Rente wegen Berufsunfähigkeit mit Arbeitslosengeld gemäß § 96a Abs. 3 SGB VI dessen Bemessungsentgelt als Hinzuverdienst zugrunde zu legen, nicht jedoch der Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes (Vergleiche BSG, Beschluss vom 31.01.2008 und Urteil vom 21.08.2008 - B 13 RJ 44/05 R).

2. Der anders lautenden Auffassung des 4. Senates (Vergleiche BSG, Urteil vom 17.12.2002 - B 4 RA 23/02 R = SozR 3-2600 § 96a Nr. 1), wonach für Zeiten des Bezuges einer Rente wegen Berufsunfähigkeit vom Januar 1999 bis Dezember 2000 bei gleichzeitigem Bezug einer Sozialleistung mit Lohnersatzfunktion (hier Arbeitslosengeld) nur deren Geldwert, nicht aber ihre Bemessungsgrundlage, als erzielter Hinzuverdienst berücksichtigt werden dürfe, haben sich der 13. und 5a. Senat des BSG als Nachfolgesenate ausdrücklich nicht angeschlossen (Vergleiche BSG, Beschluss vom 31.01.2008 - B 13 RJ 44/05 R, und Urteil vom 21.08.2008 - B 13 RJ 44/05 R).

3. Die Regelung des § 96a SGB VI ist verfassungsrechtlich unbedenklich (Vergleiche BSG, Urteil vom 31.01.2008 - B 13 R 23/07 R und Urteil vom 21.08.2008 - B 13 RJ 44/05 R).

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. April 2004 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der der Klägerin gewährten Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 01. Mai bis zum 31. Dezember 2000 verbunden mit einer Erstattungsforderung in Höhe von 8.787,08 DM.

Die 1941 geborene, ledige Klägerin beantragte im Dezember 1998 eine Rente wegen Erwerbsminderung. Zu diesem Zeitpunkt war sie als Katechetin in einer Grundschule auf einer ¾-Stellung versicherungspflichtig beschäftigt. Die Beklagte lehnte die Gewährung einer Rente zunächst ab. Im Laufe eines sich deswegen anschließenden Klageverfahrens verpflichtete sie sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Berlin am 18. Mai 2000 vergleichsweise, der Klägerin ausgehend von ihrem Rentenantrag im Dezember 1998 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren. Mit Bescheid vom 27. Juni 2000 bewilligte die Beklagte der Klägerin die Rente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 01. Januar 1999. Die Rente belief sich für die Zeit ab dem 01. Juli 1999 auf 1.183,54 DM (Zahlbetrag abzüglich der Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung: 1.091,23 DM) und für die Zeit ab dem 01. Juli 2000 auf 1.193,89 DM (Zahlbetrag abzüglich der Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung: 1.100,77 DM). Die für die Zeit vom 01. Januar 1999 bis 31. Juli 2000 errechnete Nachzahlung in Höhe von 20.647,39 DM behielt die Beklagte zur Befriedigung etwaiger Erstattungsansprüche der Krankenkasse zunächst ein. Der Bescheid enthält auf Seiten 4 und 5 den Hinweis, dass u. a. der Bezug von Arbeitslosengeld unverzüglich mitzuteilen sei und für die Beachtung der geltenden Hinzuverdienstgrenzen Bedeutung habe. Für die Höhe der Hinzuverdienstgrenze sei nicht die Sozialleistung selbst, sondern das dieser Leistung zugrunde liegende Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen maßgebend.

Im März 2000 beantragte die Klägerin, die seit Oktober 1998 arbeitsunfähig erkrankt gewesen war und bis zum 27. April 2000 Krankengeld bezogen hatte, die Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 28. April 2000 beim Arbeitsamt Berlin (West) (jetzt: Bundesagentur für Arbeit). Mit Bescheid vom 11. Mai 2000 wurde ihr antragsgemäß Arbeitslosengeld gewährt. Das Arbeitslosengeld belief sich, ausgehend von einem wöchentlichen Bemessungsentgelt in Höhe von 1.030,00 DM, auf wöchentlich 365,26 DM. Mit Änderungsbescheid vom 26. Juli 2000 erhöhte sich das Arbeitslosengeld mit Wirkung vom 22. Juni 2000 auf wöchentlich 392,42 DM, ausgehend von einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von nunmehr 1.140,- DM. Ausweislich eines Vermerks in den Verwaltungsakten des Arbeitsamtes wurde die Klägerin dort am 04. August 2000 darauf hingewiesen, dass sie der hiesigen Beklagten den Bezug des Arbeitslosengeldes zu melden habe.

Ende November 2000 erfuhr die Beklagte schließlich vom Arbeitslosengeldbezug der Klägerin. Sie stellte daraufhin die Auszahlung der Rente zum Jahresende ein und hörte die Klägerin mit Schreiben vom 04. Januar 2001 zur beabsichtigten, auf § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) gestützten, Aufhebung der Leistungsbewilligung ab dem 01. Mai 2000 sowie zur Rückforderung von 8.787,08 DM an. Mit Bescheid vom 28. Februar 2001 hob sie den Bewilligungsbescheid vom 27. Juni 2000 gestützt auf § 45 Abs. 2 SGB X mit Wirkung vom 01. Mai 2000 auf u...

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