Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Zweipersonenhaushalt in Berlin. Angemessenheitsprüfung. schlüssiges Konzept. Einstufung des Berliner Mietspiegels aus dem Jahr 2013 als qualifizierten Mietspiegel. Repräsentativität der Datenerhebung und -auswertung
Orientierungssatz
1. Für einen Zweipersonenhaushalt in Berlin ist bei der Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten im Sinne § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 eine Wohnfläche von höchstens 60 Quadratmetern angemessen.
2. Zur Bestimmung der Referenzmiete im Sinne § 22 Abs 1 SGB 2 können qualifizierte Mietspiegel nach § 558d BGB wie auch einfache Mietspiegel nach § 558c BGB herangezogen werden (vgl BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 26 und - B 14 AS 50/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 42). Liegt ein qualifizierter Mietspiegel vor, so wird nach § 558d Abs 3 BGB vermutet, dass die im qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben. Wurde der qualifizierte Mietspiegel in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt, kann davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu dem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt.
3. Für die Annahme der Erstellung des qualifizierten Mietspiegels in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren genügt es, wenn eine repräsentative, relevante Primärdatenerhebung in Form einer speziellen Mietenerhebung bei Mietern und/oder Vermietern erfolgt. Maßgebend für die Repräsentativität der Datenerhebung ist zudem, wie viele Mietspiegeldaten für vergleichbare Wohnungen erhoben werden konnten. Es bestehen keine Zweifel daran, dass die Datenauswertung für den Berliner Mietspiegel 2013 den anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen nach § 558d BGB entsprach.
4. Für die Unterkunfts- und Heizkosten gemäß § 22 Abs 1 SGB 2 darf keine Gesamtangemessenheitsgrenze gebildet werden. Vielmehr hat die Angemessenheitsprüfung getrennt zu erfolgen.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Februar 2016 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung für die Monate Februar 2013 sowie April bis Juni 2013.
Der im Jahr 1956 geborene Kläger zu 1. und der im Jahr 1992 geborene Sohn des Klägers zu 1., der Kläger zu 2., bezogen im genannten Zeitraum Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Kläger zu 2. befand sich ab 16. April 2013 bis Juni 2013 in einer Berufsausbildung als Bürokaufmann bei der F H & G GmbH & Co. KG.
Die Kläger bewohnen seit dem 1. Juli 1996 die unter der im Rubrum angegebenen Anschrift befindliche Dreizimmerwohnung (75,03 m²), für die eine Grundmiete in Höhe von 437,57 Euro zuzüglich Vorauszahlungen für die Betriebskosten in Höhe von 110,85 Euro zu zahlen war. Die Wohnung wird über eine Gasetagenheizung beheizt. Die Warmwasserversorgung erfolgt über einen elektrischen Durchlauferhitzer. An den Gasversorger G waren im Februar 2013 ein Abschlag in Höhe von 118 Euro, im April 2013 ein Betrag in Höhe von 47,07 Euro und ab Mai 2013 monatliche Abschläge in Höhe von 98 Euro zu zahlen.
Mit Schreiben vom 24. Mai 2012 teilte der Beklagte den Klägern mit, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung unangemessen seien. Ihnen wurde Gelegenheit gegeben, sich zu der Absicht des Beklagten, die Unterkunftskosten nur noch in angemessenem Umfang zu übernehmen, zu äußern.
Mit Schreiben vom 6. Juli 2012 forderte der Beklagte die Kläger auf, die Kosten der Unterkunft ab dem 1. Februar 2013 zu senken. Die derzeitigen Kosten der Unterkunft überstiegen den maßgeblichen Richtwert in Höhe von 456 Euro nach der Wohnaufwendungenverordnung (WAV). Die Bemühungen zur Senkung der Unterkunftskosten seien nachzuweisen. Ab Februar 2013 würden nur noch 456 Euro als monatliche Kosten der Unterkunft bei der Bedarfsermittlung berücksichtigt.
Mit Bescheid vom 6. Dezember 2012 gewährte der Beklagte den Klägern für die Zeit von Januar bis Juni 2013 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, wobei er ab Februar 2013 monatliche Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von nur noch 456 Euro berücksichtigte. Gegen den Bescheid erhoben die Kläger mit Schreiben vom 8. Februar 2013, eingegangen bei dem Beklagten am selben Tag, Widerspruch. Mit Änderungsbescheid vom 11. Februar 2013 bewilligte der Beklagte den Klägern für die Zeit von Februar bis Juni 2013 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von insgesamt 881,43 Euro unter Berücksichtigung eines Bedarfs in Höhe von 501,60 Euro für die Kosten der Unterkunft und Heizung. Als Änderungsgrund wurde eine Korrektur der Richtwerte der Miete angegeben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2013 verwarf der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 6. Dezember 2012 als unzulässig, weil...