Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortsetzungsfeststellungsklage. Feststellungsinteresse. Umzug. Zusicherung. Präjudizialität. Amtshaftung. Wiederholungsgefahr. Rehabilitationsinteresse. Grundsicherung für Abreitsuchende. Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Unterkunft. Übernahme der Wohnungsbeschaffungskosten. Erledigung durch Umzug in eine andere Wohnung. Fortsetzungsfeststellungsklage bei erledigtem Verpflichtungsbegehren

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch zulässig, wenn sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hat, und wenn es dem Kläger um eine Verpflichtung der Beklagten ging.

 

Orientierungssatz

1. Der Grundsicherungsträger ist zur Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 2 S. 2 SGB II nur verpflichtet, wenn der Umzug (aus der bisherigen Wohnung) in die neue Wohnung erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Wohnung angemessen sind. Die Zusicherung setzt also voraus, dass der Hilfebedürftige noch in der Wohnung wohnt, von der heraus der Wohnungswechsel beabsichtigt und auch beantragt worden ist. Ist der Hilfebedürftige dagegen bereits umgezogen, ist einer Entscheidung über die Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für die begehrte Wohnung die Grundlage entzogen.

2. An einem Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität für eine Fortsetzungsfeststellungsklage fehlt es, wenn sich der Verwaltungsakt schon vor Erhebung der Klage erledigt hat. In diesem Fall muss der Betroffene direkt bei dem für den Amtshaftungsanspruch zuständigen Zivilgericht um gerichtlichen Rechtsschutz nachsuchen.

 

Normenkette

SGB II § 22 Abs. 2 Sätze 1-2; SGB X § 39 Abs. 2; SGG § 96 Abs. 1, § 131 Abs. 1 S. 3; BGB § 839; GG Art. 34

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 7. März 2007 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Entscheidung des Beklagten, mit der sie es abgelehnt hat, ihm die Übernahme der Aufwendungen für eine neue Unterkunft zuzusichern, rechtswidrig ist.

Der 1953 geborene Kläger wohnte zunächst mit seinen beiden Söhnen, F M, geboren 1986, und FT, geboren 1988, in einer 105,55 m² großen 3,5-Zimmer-Wohnung in der F Straße in B. Die monatliche Bruttowarmmiete betrug 851,00 Euro (635,00 Euro Miete, 77,00 Euro Heizkostenvorschuss und 139,00 Euro Betriebskostenvorschuss). Der Beklagte bewilligte dem Kläger und seinem zum damaligen Zeitpunkt noch minderjährigen Sohn F mit Bescheid vom 1. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2005 Arbeitslosengeld II vom 17. Februar 2005 an. Dem damals bereits volljährigen Sohn F gewährte er nach Aktenlage gesondert Leistungen. Den Antrag des Klägers vom 1. März 2005 auf Übernahme von Mietschulden, resultierend aus der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2004 in Höhe von insgesamt 5.106,00 Euro lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 8. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2005 ab. Zur Begründung führte er aus, dass die Wohnung unangemessen groß und zu teuer sei. Die Sicherung einer nicht angemessenen Unterkunft sei grundsätzlich nicht gerechtfertigt. Mietschulden könnten deshalb nicht als Darlehen übernommen werden. Bereits am 27. Mai 2005 hatte die zuständige Gerichtsvollzieherin dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg mitgeteilt, dass die Wohnung des Klägers am 11. Juli 2005 geräumt werde.

Am 29. Juli 2005 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er in eine Wohnung am T Damm in B umziehen wolle. Ihm lägen zwei Wohnungsangebote vor. Bei der einen Wohnung handele es sich um eine 92 m² große 3-Zimmer-Wohnung mit einer monatlichen Bruttowarmmiete in Höhe von 555,00 Euro (Miete 415,00 Euro und Betriebskostenvorauszahlung 140,00 Euro). Die andere Wohnung sei eine 94m² große 3,5-Zimmer-Wohnung mit einer monatlichen Bruttowarmmiete in Höhe von 630,00 Euro (Miete 480,00 Euro und Betriebskostenvorauszahlung 150,00 Euro). Mit Bescheid vom 1. Juli 2005 lehnte der Beklagte die Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für eine dieser Wohnungen ab.

Mit weiterem Bescheid vom 6. Juli 2005 erteilte der Beklagte eine entsprechende Zusicherung für eine 74,60 m² große 2,5 Zimmer-Wohnung in der Dstraße in B mit einer monatlichen Bruttowarmmiete in Höhe von 515,01 Euro. Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 1. Juli 2005 wies er mit Widerspruchsbescheid vom 5. August 2005 mit der Begründung zurück, dass die Erteilung einer Zusicherung für eine Wohnung am T Damm nicht mehr notwendig sei, da dem Kläger bereits eine Zusicherung für die Übernahme der Wohnungsbeschaffungskosten für die neue Wohnung in der Dstraße erteilt worden sei.

Die von dem Kläger und seinem Sohn F hiergegen am 5. August 2005 erhobene Klage, mit der sie das Ziel verfolgten den Beklagten zu verpflichten, die begehrte Zusicherung zu erteilen, hat das Sozialgericht Berlin mit Gerichtsbescheid vom 7....

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