Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. nicht geringfügige Unterbrechung. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Holen eines vergessenen Gegenstandes. Rückweg zum Fahrzeug. erneutes Durchschreiten der Haustür. Beginn des Unfallversicherungsschutzes. Wendepunkt. Arbeitsweg. Richtungswechsel. Zusätzlicher Weg
Leitsatz (amtlich)
Unterbricht eine gesetzlich Unfallversicherte ihren Arbeitsweg (§ 8 Abs 2 Nr 1 SGB 7) an ihrer gegenüber der Wohnung liegenden Garage, um in ihre Wohnung zurückzugehen und ohne Betriebsbezug einen vergessenen Gegenstand zu holen, setzt sich der Versicherungsschutz erst wieder fort, wenn sie ihr an der Garage stehendes Fahrzeug wieder erreicht hat; der Versicherungsschutz beginnt nicht schon erneut beim (zweiten) Durchschreiten der Haustür (hier: Sturz auf glatter Treppe beim erneuten Verlassen ihrer Wohnung).
Normenkette
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 10.9.2012 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin am 17.12.2010 einen Arbeitsunfall als Wegeunfall erlitten hat.
Die 1984 geborene Klägerin war am Unfalltag als Mitarbeiterin bei McDonald's in D. beschäftigt; ihre Arbeitsschicht begann um 12.00 h. In Arbeitskleidung wurde die Klägerin von ihrer Mutter am späten Vormittag des Unfalltags auf der Treppe ihres Hauses nach einem Sturz gefunden. Die Eltern der Klägerin fuhren die Klägerin in die Knappschaftsklinik nach P., wo in Röntgenaufnahmen Unregelmäßigkeiten der Deckplatten BWK 8 und 11 gefunden wurden. Einen Durchgangsarztbericht hat die Klinik zunächst nicht erstellt. Nach diesem Ereignis hat die Klägerin bis 26.12.2010 weitergearbeitet und ist dann wegen Komplikationen in die Klinik St. E. nach Sa. gefahren; man diagnostizierte einen Einbruch der Deckplatte des BWK 11 und verwies sie an einen Orthopäden, wo (Dr. B.) sie am 9.2.2011 vorgesprochen hat. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Dr. B. betrafen den Zeitraum vom 15.2.2011 bis 31.3.2011.
Die Beklagte erfuhr erst durch einen Durchgangsarztbericht der Knappschaftsklinik P. vom 11.3.2011 von diesem Sturz. Die Klinik gab hierzu an, die Klägerin habe zunächst über das Vorliegen eines versicherten Arbeitsunfalls keine Angaben gemacht, deshalb sei das Merkmal eines Arbeitsunfalls nicht angekreuzt worden. Erst in einem Telefonat am 11.3.2011 habe die Klägerin mitgeteilt, sie sei auf der Außenseite ihres Hauses gestürzt und die Verletzungen seien Folge eines Wegeunfalls gewesen. Der Arbeitgeber der Klägerin äußerte sich am 30.3.2011 dahingehend, man habe erst im März 2011 von einem angeblichen Arbeitsunfall erfahren; die Klägerin habe dies zunächst der Schichtführerin nicht gemeldet. Einige Kolleginnen könnten sich erinnern, die Klägerin habe erzählt, sie habe mit den Hunden spazieren gehen wollen und sei auf der Treppe gestürzt. Auch auf den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei das Kästchen „Arbeitsunfall„ nicht angekreuzt gewesen.
Die Beklagte nahm Ermittlungen zum Unfallhergang auf. Während die Mutter und der Ehemann der Klägerin angaben, die Klägerin sei bei dem Sturz auf dem Weg zur Arbeit gewesen, teilten drei Mitarbeiterinnen von McDonald's in D. mit, die Klägerin habe ihnen und mehreren Kolleginnen erzählt, sie sei gestürzt, als sie mit den Hunden habe spazieren gehen wollen; die Treppe sei nicht gestreut gewesen.
Mit Bescheid vom 19.9.2011 lehnte die Beklagte eine Entschädigung für das Ereignis vom 17.10.2010 ab. Die Beklagte verwies auf die Zeugenangaben der Mitarbeiterinnen. Der Unfall sei erst mit drei Monaten Verspätung gemeldet worden. Weder bei der Erstbehandlung im Krankenhaus und beim Hausarzt noch beim Arbeitgeber habe die Klägerin einen Arbeitsunfall angegeben.
Im Widerspruchsverfahren trug die Klägerin vor, die Eltern hätten den Wegeunfall auf ihrer Arbeitsstelle gemeldet; sie habe mit den Zeuginnen nie über den Wegeunfall gesprochen. Es sei ein Fehler der Klinik in P. gewesen, das Ereignis zunächst als häuslichen Sturz zu melden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.1.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren auf Feststellung des Ereignisses als Arbeitsunfall hat die Klägerin ihre Argumentation wiederholt und vertieft. Das Sozialgericht für das Saarland (SG) hat in der mündlichen Verhandlung vom 10.9.2012 die Klägerin informatorisch befragt und als Zeugen drei Arbeitskolleginnen der Klägerin sowie deren Eltern vernommen. In ihrer persönlichen Anhörung hat die Klägerin unter anderem angegeben, sie habe an besagtem Tag zur Arbeit fahren wollen und gemerkt, dass sie im Haus etwas vergessen habe. Das Auto stehe in einer Garage gegenüber dem Haus. Sie sei zunächst über die Straße gegangen, habe das Auto teilweise aus der Garage gefahren und dann gemerkt, dass sie etw...