Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung der Entscheidung über Bewilligung von Arbeitslosenhilfe. Wert des Beschwerdegegenstandes. Isolierte Anfechtungsklage. Mittelbare Folge einer Sperrzeit. Minderung der Anspruchsdauer. Fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung. Umdeutung einer Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde

 

Leitsatz (amtlich)

Wendet sich der Kläger gegen die Aufhebung einer schon bewilligten Arbeitslosenhilfe wegen des Eintritts einer Sperrzeit, ist für den Wert des Beschwerdegegenstandes allein die versagte Leistung maßgeblich. Eine Umdeutung einer Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht möglich.

 

Normenkette

SGB III § 144 Abs. 1 S. 1; SGB X § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4; SGG § 144 Abs. 1 S. 1, § 145; SGB III a.F. § 128 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

SG für das Saarland (Urteil vom 01.04.2004)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 01. April 2004 wird als unzulässig verworfen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die teilweise Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 07. Juni bis 27. Juni 2003 wegen des Eintritts einer Sperrzeit rechtens war. Insbesondere geht es darum, ob die Berufung statthaft ist.

Der am … 1961 geborene Kläger war vom 12. März 1980 bis 02. April 1993 bei den F.Werken in S. beschäftigt. Er bezog in Folge Arbeitslosengeld (Alg), Alhi und zuletzt bis 16. März 2003 Unterhaltsgeld.

Am 17. März 2003 meldete sich der Kläger arbeitslos. Er beantragte am 18. März 2003, eingegangen am 21. März 2003, die Bewilligung von Alhi.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger Alhi ab 17. März 2003 in Höhe eines täglichen Leistungssatzes von 21,69 Euro (= wöchentlich 151,83 Euro), bezogen auf ein gerundetes Bemessungsentgelt von 455,– Euro ohne Anrechnungsbetrag.

Am 03. Juni 2003 unterbreitete die Beklagte dem Kläger einen Vermittlungsvorschlag für eine Tätigkeit als Kraftfahrer im Nahverkehr, Schülertransporte, bei der Firma W.M., in Vollzeit. Laut Stellenbeschreibung war die Stelle ab 01. Juni 2003 zu besetzen.

Der beigefügten Rechtsfolgenbelehrung war zu entnehmen, dass unter anderem eine Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung dann eintreten könne, wenn die angebotene Beschäftigung nicht angenommen oder nicht angetreten werde, ohne dass ein wichtiger Grund dafür vorliege.

Der Kläger stellte sich am 06. Juni 2003 bei der Firma W.M. vor. Ein Beschäftigungsverhältnis kam nicht zustande. Der Kläger war am Vorstellungstag wegen einer Verletzung an seinem Fuß arbeitsunfähig und nahm das Vorstellungsgespräch deshalb unter Zuhilfenahme von Gehstöcken wahr. In dem Antwortschreiben an die Beklagte war in der Rubrik „Ich wurde nicht eingestellt, weil…”, vermerkt: „Anfahrtsweg zu weit!”. Eine handschriftlich gefertigte weitere Erklärung – vom Kläger unterzeichnet – lautet: „Anfahrtsweg zu weit, wegen geteilter Dienst, z. Hd. K.”.

Mit Bescheid vom 11. Juni 2003 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit für die Zeit vom 07. Juni bis 27. Juni 2003 fest und hob die Bewilligung von Alhi gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) auf.

Der Kläger habe, so die Beklagte, das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses vereitelt, indem er dem Arbeitgeber gegenüber geäußert habe, der Anfahrtsweg sei zu weit. Darin sei aber ein wichtiger Grund nicht zu erblicken. Die Sperrzeit, die dadurch eingetreten sei, umfasse das gesetzliche Mindestmaß von 3 Wochen. Die Entscheidung beruhe auf § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches – Arbeitsförderung – (SGB III) in der Fassung vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I, Seite 3443).

Mit seinem Widerspruch vom 13. Juni 2003 machte der Kläger geltend, bei dem Vorstellungstermin durch den Inhaber der Firma W.M., den Zeugen M., befragt worden zu sein, aus welchem Ort er komme. Er habe zur Antwort gegeben, er wohne in A.. Daraufhin sei er gefragt worden, wie weit sein Anfahrtsweg sei. Er habe erklärt, die einfache Strecke betrage ca. 35 km, worauf der Zeuge M. geantwortet habe, diese Anfahrtsweg sei für die vorgesehene Tätigkeit zu weit, da es sich um einen geteilten Dienst handeln würde, bei dem nur ein paar Stunden vormittags und dann mit entsprechender Unterbrechung ein paar Stunden nachmittags gearbeitet würden. Er suche deshalb Leute aus dem Raum M.T. bzw. solche, die nicht zu weit weg wohnten. Der Zeuge M. habe dann gegenüber dem Arbeitsamt angegeben, der Anfahrtsweg sei zu weit.

Einer Gesprächsnotiz vom 26. Juni 2003 ist zu entnehmen, dass der Zeuge M., der zu dem Vorbringen des Klägers gehört wurde, telefonisch mitgeteilt habe, die Angaben des Klägers seien nicht wahr. Der Kläger sei schon vor 1½ Jahren einmal wegen einer Arbeit bei ihm, dem Zeugen M., gewesen. Der Kläger habe damals angegeben, der Anfahrtsweg sei ihm zu weit. Als er sich erneut vorgestellt habe, sei er mit Krücken und umwicke...

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