Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung von Leistungen der Grundsicherung bei Verstoß gegen die ausländerrechtliche Wohnsitzregelung

 

Orientierungssatz

Ein Asylbewerber ist nach § 12a Abs. 1 AufenthG verpflichtet, in dem Land seinen Aufenthalt zu nehmen, dem er zugewiesen worden ist. Verstößt er dagegen, so kann das örtlich unzuständige Jobcenter die beantragten Leistungen der Grundsicherung nach § 36 SGB 2 versagen. Der Gesetzgeber hat der Tatbestandswirkung der ausländerrechtlichen Wohnsitzregelung in § 12a Abs. 8 AufenthG ein besonderes Gewicht gegeben.

 

Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 04.08.2017; Aktenzeichen 1 BvR 1411/17)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

Die nach den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde des Antragstellers vom 4. April 2017 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 30. März 2017 ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG zu verpflichten, dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zuzusprechen. Einen solchen Anspruch und eine solche Notwendigkeit hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.

Der Antragsgegner dürfte es zu Recht unter Hinweis auf seine fehlende örtliche Zuständigkeit nach § 36 SGB II abgelehnt haben, dem Antragsteller die begehrten Leistungen zu bewilligen. Wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat, ergibt sich bei einer Anwendung von § 36 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 12a Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) eine Zuständigkeit des Jobcenters in T ... Davon ist jedenfalls für das vorliegende Eilverfahren auch in Ansehung der vom Antragsteller gegen die Rechtmäßigkeit der ausländerrechtlichen Norm vorgebrachten Bedenken auszugehen. Es ist schon zweifelhaft, ob diese das materielle Ausländerrecht betreffenden Bedenken überhaupt auf die verwaltungsverfahrensrechtliche Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit des Leistungsträgers nach § 36 SGB II durchschlagen könnten. Jedenfalls dürfte der Antragsteller aus den von ihm herangezogenen internationalen und europarechtlichen Bestimmungen nicht sich unmittelbar auf die Zuständigkeit der Behörde auswirkende Rechte herleiten können, zumal der Gesetzgeber der Tatbestandswirkung einer ausländerrechtlichen Wohnsitzregelung nach § 12a AufenthG in § 12a Abs. 8 AufenthG ein besonderes Gewicht gegeben hat. Es kommt hinzu, dass der Antragsteller es bisher anscheinend versäumt hat, seine Rechte gegenüber der Ausländerbehörde und auch gegenüber der nach dem Gesetzeswortlaut zuständigen Agentur für Arbeit in T. geltend zu machen. Auch das steht dem Erlass einer einstweiligen Regelung durch das Gericht entgegen.

Unter den gegebenen Umständen hat das Sozialgericht dem Antragsteller auch zu Recht Prozesskostenhilfe gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO mangels hinreichender Erfolgsaussicht seines Antrages versagt, und ebenso wenig ist ihm Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG bzw. auf § 73a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11261377

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