Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhebung von Säumniszuschlägen bei Nachversicherung. Fälligkeit der Beiträge zur Nachversicherung. Erlass und Verwirkung von Nachversicherungsbeiträgen. Beitragspflicht. Nachversicherung. Säumniszuschlag. Fälligkeit. Verzicht. Zusicherung. Verwirkung
Leitsatz (redaktionell)
Die Regelung des § 24 SGB IV über die Erhebung von Säumniszuschlägen findet auch für den Fall der Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung Anwendung. § 181 Abs. 1 und 4 SGB VI sind insoweit nicht vorrangig.
Orientierungssatz
1. Der Erhebung von Säumniszuschlägen nach SGB 4 § 24 Abs 1 stehen nicht die Regelungen der Nachversicherung in den SGB 6 §§ 181 bis 186 entgegen. Insbesondere verdrängen SGB 6 § 181 Abs 1 und Abs 4 nicht als Spezialvorschriften die allgemeinen Säumnisregeln.
2. Die Fälligkeit der Beiträge zur Nachversicherung richtet sich gemäß SGB 4 § 23 Abs 4 nach SGB 6 § 184 Abs 1. Danach werden die Beiträge gezahlt, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten und insbesondere keine Gründe für den Aufschub der Beitragszahlung vorhanden sind. Der Nachversicherungsbeitragsanspruch des Rentenversicherungsträgers entsteht mit Eintritt des Nachversicherungsfalls und wird in der Regel zugleich fällig (Anschluss: BSG, 2001-12-20, B 4 RA 38/01 R, SozR 3-2600 § 181 Nr 1).
3. Es ist geboten SGB 4 § 24 Abs 2 entsprechend in den Fällen anzuwenden, in denen die Beitragsschuld vom Beitragsschuldner selbst ermittelt und durch die Zahlung dokumentiert wird (Anschluss: BSG, 2001-12-20, B 4 RA 38/01 R, SozR 3-2600 § 181 Nr 1).
4. Ein Erlass kommt nach SGB 4 § 76 Abs 2 Nr 3 nur in Betracht, wenn die Einziehung der Forderung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Dies setzt das Bestehen der Forderung und die Prüfung der Umstände im Einzelfall voraus (Anschluss: BSG, 1991-10-29, 13/5 RJ 36/90, SozR 3-2400 § 76 Nr 1; 1995-02-09, 7 RAr 78/93, SozR 3-4427 § 5 Nr 1).
5. Das Rechtsinstitut der Verwirkung kann nicht zur Rechtswidrigkeit der Festsetzung führen, da der Rentenversicherungsträger nicht nur berechtigt, sondern durch die eindeutige gesetzliche Regelung verpflichtet war und ist, die entsprechenden Festsetzungen vorzunehmen.
Normenkette
SGB IV § 1 Abs. 3, §§ 23, 24 Abs. 1-2, § 76 Abs. 1, 2 Nr. 3; SGB VI § 181 Abs. 1, 4; SGB X § 34; BGB § 242; SGG § 99
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Säumniszuschlägen im Zusammenhang mit der Nachversicherung eines ehemaligen Bediensteten.
Vom 1. April 1998 bis zum 15. September 2000 absolvierte der im Jahre 1968 geborene H. N. bei der Klägerin den juristischen Vorbereitungsdienst als Beamter auf Widerruf (Referendar). Im Zeitraum vom 1. Dezember 1999 bis zum 31. März 2000 war er ohne Bezüge beurlaubt. Mit Schreiben vom 10. Januar 2003 teilte er dem Personalamt der Beklagten unter Bezugnahme auf dessen Anfrage vom 4. Dezember 2002 mit, dass er sich nach seiner Referendarzeit selbständig gemacht habe.
Daraufhin errechnete die Klägerin die Beiträge zur Nachversicherung auf der Grundlage beitragspflichtiger Einnahmen in Höhe von 26.439,44 DM für den Zeitraum vom 1. April 1998 bis zum 31. Dezember 1998, von 32.936,76 DM für das Jahr 1999 und auf der Grundlage von 15.460,00 DM für den Zeitraum vom 1. April bis zum 15. September 2000, erteilte unter dem 3. März 2003 eine Nachversicherungsbescheinigung und zahlte insgesamt 7.982,99 EUR auf das Konto der Beklagten, wo dieser Betrag am 1. April 2003 gutgeschrieben wurde.
Mit Bescheid vom 8. Mai 2003 erhob die Beklagte Säumniszuschläge unter Hinweis auf § 24 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) in Höhe von 2.189,50 EUR. Sie errechnete 29 Säumnismonate unter Berücksichtigung des Rundschreibens des Bundesministers des Innern vom 27. April 1999 (D II 6 - 224 012/55), wonach der Nachversicherungsschuldner spätestens drei Monate nach dem Ausscheiden aus der Beschäftigung über den Aufschub oder die Durchführung der Nachversicherung entscheiden soll, so dass ausgehend von einem Ausscheiden des Versicherten aus der Beschäftigung am 15. September 2000 der Nachversicherungsbeitrag am 16. Dezember 2000 fällig geworden sei. Für ihre Berechnung ging sie von einem dynamisierten Nachversicherungsentgelt in Höhe 76.546,40 DM aus, legte den für das Jahr 2000 geltenden Beitragssatz von 19,3 % zugrunde und gelangte so zu einer Nachversicherungsschuld in Höhe von 14.773,46 DM (=7.553,55 EUR).
Die Klägerin hat gegen den bei ihr am 15. Mai 2003 eingegangenen Bescheid am 13. Juni 2003 sowohl Widerspruch als auch Klage erhoben. Sie hat zunächst beantragt, das gerichtliche Verfahren bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens auszusetzen und bezweifelt, dass die von der Beklagten vorgenommene Belehrung über das Rechtsmittel der Klage den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entspricht. Die Beklagte habe näml...