Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Versicherungsfreiheit. entgeltliche Wiedereingliederung. Unterschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze. keine Steigerung der Erwerbsfähigkeit. kein Eintritt der Versicherungspflicht
Orientierungssatz
Bei einer langfristigen Unterschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze und gleichzeitiger vorheriger Versicherungsfreiheit gibt es im Rahmen einer Wiedereingliederung keine Möglichkeit, gesetzlich krankenversichert zu werden, auch wenn der Verdienst im Rahmen der Wiedereingliederung weiterhin beständig unter der festgelegten Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt und es keine Steigerung der Arbeitsfähigkeit gibt.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger bei der Beklagten in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert ist.
Der am x. 1961 geborene Kläger ist seit dem 1. Oktober 1990 als angestellter Arbeitnehmer wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze privat krankenversichert. Am 24. September 2013 erlitt er auf einer Geschäftsreise einen Schlaganfall, woraufhin er arbeitsunfähig wurde. Der Kläger erhielt aus diesem Grund Kranken(tage)geld von seiner privaten Krankenversicherung. Erstmals mit Wiedereingliederungsplan vom 20. März 2015 verordnete der behandelnde Arzt des Klägers für diesen die Wiedereingliederung in das Erwerbsleben nach längerer Arbeitsunfähigkeit ab dem 1. April 2015. Der Kläger war daraufhin, wie verordnet, drei Stunden täglich an fünf Tagen die Woche in seinem bisherigen Beruf als Schuhdesigner für seinen Arbeitgeber tätig. Die jeweils befristeten Wiedereingliederungspläne wurden auf den entsprechenden Vordrucken der Krankenkassen von dem Kläger, seinem behandelnden Arzt und seinem Arbeitgeber unterzeichnet. Die Zahlung von Kranken(tage)geld durch die private Krankenversicherung wurde eingestellt. Während der Wiedereingliederung erhielt der Kläger ab April 2015 ein Entgelt in Höhe von 2.440,00 € monatlich. Auf der Verdienstabrechnung wurde dieses zunächst als „Monatsentgelt AT“ bezeichnet, später erfolgte eine Korrekturabrechnung, die die Zahlungen als „KG-Zuschuss“ auswies. Der Kläger war unter diesen Bedingungen bis zum 4. Oktober 2016 bei seinem Arbeitgeber tätig.
Mit Bescheid vom 15. Januar 2016 wurde dem Kläger, rückwirkend ab dem 1. Januar 2014, eine unbefristete Rente wegen Erwerbsminderung zuerkannt.
Mit Schreiben vom 22. Januar 2016 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Feststellung der Versicherungspflicht bei der Beklagten. Seit der Wiedereingliederung unterschreite das Einkommen des Klägers die Jahresarbeitsentgeltgrenze. Somit sei wieder Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) eingetreten. Da die Versicherungspflicht vor dem 55. Lebensjahr eingetreten sei, dürfte auch keine Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 3a SGB V bestehen.
Mit Bescheid vom 12. Februar 2016 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, Zeiten der Wiedereingliederung nach längerer Arbeitsunfähigkeit würden die einmal festgestellte Versicherungsfreiheit nicht berühren. Daher gelte die Beschäftigung des Klägers weiterhin als krankenversicherungsfrei.
Hiergegen legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 19. Februar 2016 Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 30. März 2016 begründete er den Widerspruch damit, dass angesichts der Höhe des monatlich ausgezahlten Entgeltes von 2.440,00 € nicht von einem nur symbolischen Krankengeldzuschuss, wie er in den Verdienstabrechnungen bezeichnet wird, ausgegangen werden könne. Die Tätigkeit des Klägers müsse daher als entgeltlich und versicherungspflichtig angesehen werden. Der klassische Fall eines kurzweiligen Unterschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze wegen Wiedereingliederung liege im Falle des Klägers nicht vor. Eine kurz- oder mittelfristige erhebliche Steigerung der Leistungsfähigkeit oder gar die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit sei nicht zu erwarten. Die tägliche Arbeitszeit des Klägers habe zu dem Zeitpunkt seit elf Monaten durchgehend nur 3 Stunden betragen. Bei einer stufenweisen Wiedereingliederung würde normalerweise die Arbeitszeit in Abständen von mehreren Wochen leicht angehoben. Es sei daher höchst unwahrscheinlich, dass der Kläger seine Arbeitsleistung abrupt auf Vollzeit werde steigern können. Dies belege auch das dem Widerspruchsschreiben beigefügte ärztliche Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung von Herrn Dr. M. vom 29. Oktober 2015. Eine Unterschreitensprognose zur Jahresarbeitsentgeltgrenze müsse daher positiv ausfallen. Dem Kläger dürfe angesichts seines schicksalhaften Krankheitsverlaufs der Schutz der Sozialversicherung in Form der gesetzlichen Krankenversicherung nicht vorenthalten werden, auch wenn er zuvor jahrelang wegen Überschreitens der Entgeltgrenze ve...