Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung vertragsärztlicher Leistungen. Rechtmäßigkeit von Honorarverteilungsvereinbarungen für die Quartale III/2004 bis 1/2005 und von Übergangsregelungen des Bewertungsausschusses im Beschluss vom 29.10.2004. kein Verstoß von Honorarverteilungsregelungen für unterdurchschnittlich kleine Praxen gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit
Orientierungssatz
1. In der Zeit vor dem Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 waren die Partner der Honorarverteilungsverträge nicht in der Lage, Honorarverteilungsmaßstäbe zu vereinbaren, die den Anforderungen aus § 85 Abs 4 S 4, 6, 7 und 8 SGB 5 in der Fassung vom 14.11.2003 entsprachen. War es ihnen somit nicht möglich, sich gesetzeskonform zu verhalten, so kommt es nicht mehr darauf an, ob die in den Beschlüssen der 88. und 89. Sitzung des Bewertungsausschusses jeweils enthaltenen Empfehlungen für das Quartal III/2004 bzw die "erste Übergangsphase" (Quartale IV/2004 und I/2005) von der Ermächtigung des § 85 Abs 4a S 1 Halbs 2 SGB 5 aF gedeckt waren.
2. Zur Frage, ob Honorarverteilungsregelungen deshalb gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit verstoßen und damit rechtwidrig sind, weil sie unterdurchschnittlich kleinen Praxen keine ausreichende Möglichkeit bieten, den Durchschnitt der Fachgruppe zu erreichen.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Von den Kosten beider Rechtszüge trägt die Klägerin ¾ und die Beklagte trägt ¼.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch, ob die Klägerin ein höheres vertragsärztliches Honorar für die Quartale III/2004 bis I/2005 verlangen kann, weil die festgelegten praxisbezogenen Regelleistungsvolumina (pRVV) es ihr nicht ermöglichten, mit ihrer Praxis bis zum Fachgruppendurchschnitt zu wachsen.
Die Klägerin ist Fachärztin für Chirurgie und war seit 1994 und auch im streitgegenständlichen Zeitraum in H. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. 1996 gründete sie ihre Praxis am E. in H. neu. Die Fallzahlen ihrer Praxis entwickelten sich seit dem Quartal III/2003 wie folgt: Quartal III/2003 IV/2003 I/2004 II/2004 III/2004 IV/2004 I/2005 II/2005 Fallzahl Klägerin 648 480 444 426 538 500 503 427 Basisfallzahl Fachgruppe 987 922 977 998 981 922 977 879
Ausweislich des Honorarbescheides vom 23. Februar 2005 für das Quartal III/2004 honorierte die Beklagte die Leistungen der Klägerin mit 540.170 abzurechnenden Punkten und einem durchschnittlichen arztindividuellen Punktwert von 4,64 Euro-Cent. Bei einem Umsatz von 25.140,29 Euro betrug das Honorar 25.352,07 Euro. Dem lagen ein Fallwert von 46,73 Euro, eine Fallzahl von 538 und ein Leistungsbedarf in Punkten von 542.277,8 zu Grunde. Das praxisbezogene Regelversorgungsvolumen betrug 604.504 Punkte gegenüber einem arztgruppendurchschnittlichen Regelversorgungsvolumen (aRVV) von 961.908,5 Punkten. Nach dem Honorarbescheid vom 24. Mai 2005 für das Quartal IV/2004 honorierte die Beklagte die Leistungen der Klägerin mit 652.483,2 abzurechnenden Punkten und einem durchschnittlichen arztindividuellen Punktwert von 4,40 Euro-Cent. Das Honorar betrug 29.503,31 Euro und der Umsatz 28.827,63 Euro. Der Fallwert betrug 57,66 Euro, die Fallzahl 500 und der Leistungsbedarf in Punkten 655.111,8. Das pRVV betrug 674.889,2 Punkte bei einem aRVV von 1.031.625,0 Punkten. Mit Honorarbescheid vom 22. August 2005 für das Quartal I/2005 honorierte die Beklagte die Leistungen der Klägerin mit 459.850,8 abzurechnenden Punkten und einem arztindividuellen Punktwert von 5,01 Euro-Cent. Das Honorar betrug 23.479,44 Euro, der Umsatz 23.168,37 Euro. Der Fallwert betrug 46,06 Euro, die Fallzahl 503 und der Leistungsbedarf in Punkten 462.228,8. Das pRVV betrug 452.803,3 Punkte; das aRVV belief sich auf 858.989,5 Punkte. Mit Honorarabrechnungen vom 12. August 2005 bzw. 1. September 2005 berichtigte die Beklagte die Honorarbescheide für die Quartale IV/2004 und I/2005. Da es sich bei der Klägerin um eine "Kleine Praxis" i.S. des Honorarverteilungsmaßstabes vom 14. Dezember 1995 (HVM) Anlage B Punkt 4c) handele, die mit dem pRVV unter dem aRVV liege, sei ein Zuwachs bis zu 10% je Vorjahresquartal möglich. Unter Berücksichtigung des Vorjahresquartals statt des Basisquartals erhöhte die Beklagte das pRVV der Klägerin und erteilte ihr Gutschriften in Höhe von 629,64 Euro bzw. 1.684,43 Euro. Mit Honorarbescheid vom 7. Dezember 2005 für das Quartal II/2005 honorierte die Beklagte die Leistungen der Klägerin mit 410.853,8 abzurechnenden Punkten und einem arztindividuellen Punktwert von 4,85 Euro-Cent. Das Honorar betrug 20.475.91 Euro, der Umsatz 20.228,10 Euro. Der Fallwert betrug 47,37 Euro, die Fallzahl 427 und der Leistungsbedarf in Punkten 416.993,3. Das pRVV betrug 398.549,8 Punkte; das aRVV belief sich auf 693.807,7 Punkte.
Die Beklagte wies die Widersprüche der Klägerin vom 24. März 2005, 26. Mai 2005, 30. August 2005 und 13. Dezember 2005 gegen die Honorarbe...