Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem Taxifahrer
Orientierungssatz
1. Eine abhängige Beschäftigung setzt persönliche Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, Eingliederung in einen fremden Betrieb und Weisungsgebundenheit voraus. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte und die freie Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft gekennzeichnet.
2. Ist ein Taxifahrer in den Betrieb des Fahrzeugeigentümers zeitlich eingebunden und dessen Weisungen unterworfen, hat er die erzielten Einnahmen mit diesem abzurechnen und tritt er nicht selbst werbend auf dem Markt auf, so sprechen diese Umstände für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung.
3. Ein echtes Unternehmerrisiko entsteht erst dann, wenn wegen Arbeitsmangels nicht nur kein Einkommen erzielt wird, sondern zusätzlich auch Kosten für betriebliche Investitionen anfallen.
4. Eine umsatzabhängige Entlohnung mit dem Risiko eines geringeren Verdienstes für den Fall gehäufter Wartezeiten oder Leerfahrten stellt kein ausschlaggebendes unternehmerisches Risiko dar.
5. Eine fehlende Konzession des Taxifahrers nach dem Personenbeförderungsgesetz und dessen fehlendes Auftreten im eigenen Namen sind Indizien gegen eine selbständige Tätigkeit.
Tenor
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selber tragen. Der Streitwert wird auf 7.787,96 EUR festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Pflicht des Klägers zur Nachentrichtung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. (nachfolgend als Beigeladener bezeichnet) als Taxifahrer.
Der 1950 geborene Beigeladene betreibt nach eigenen Angaben ein Unternehmen als Immobilienmakler, Darlehensvermittler und Kapitalanlagenvermittler ("F. Consulting"), für das er ein Gewerbe angemeldet hat. Eine Konzession oder eine Kfz-Zulassung für ein eigenes Taxi besitzt er nicht. Im März 2007 wurde er anlässlich einer Personenüberprüfung von Bediensteten des Hauptzollamtes H.-Stadt als Fahrer einer Taxe des Klägers angetroffen. Eine Meldung des Beigeladenen zur Sozialversicherung war bisher nicht erfolgt. Aus dem nachfolgenden Schriftverkehr zwischen den Beteiligten und den Unterlagen des Hauptzollamtes ergab sich, dass der Beigeladene vom 24. Juni 2004 bis zum 13. Dezember 2007 vier bis zwölf Tage im Monat, donnerstags bis sonnabends, Taxi gefahren war. Hierfür hatte er in den Jahren 2004 - 2006 50 % der Umsätze als Provision erhalten, ab dem Jahr 2007 nur noch 45 %. Hinsichtlich der Höhe der erzielten Umsätze wird auf die vorgelegten Rechnungen (Bl. 41 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.
Mit Schreiben vom 14. November 2008 hörte die Beklagte den Kläger zum Erlass eines Bescheides an, mit dem das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung des Beigeladenen festzustellen sei. Taxifahrer, die kein eigenes Fahrzeug verwendeten, seien als abhängig Beschäftigte anzusehen. Taxifahrer mit eigenem Fahrzeug seien auch nur dann als Selbstständige anzusehen, wenn sie über eine eigene Taxenkonzession verfügten, was sich auch aus dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) ergebe. Beides sei beim Beigeladenen nicht der Fall gewesen, weshalb grundsätzlich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aufgrund einer abhängigen Beschäftigung gegeben sei. Da der Beigeladene aber anderweitig hauptberuflich selbstständig tätig sei, unterliege er nicht den Vorschriften über die gesetzliche Krankenversicherung (§ 5 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V]) und der gesetzlichen Pflegeversicherung (§ 20 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI]). Hingegen sei er als Arbeitnehmer im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]) anzusehen. Der Beigeladene habe seine Arbeitszeit nicht frei gestalten können, da er immer auf die Verfügbarkeit der Taxe des Klägers angewiesen gewesen sei. Eigenes Kapital oder eigene Betriebsmittel habe er nicht eingesetzt. Ein Auftreten unter eigenem Namen am Markt sei ebenfalls nicht erfolgt. Der Beigeladene habe dem Direktions- bzw. Weisungsrecht des Klägers unterlegen und sei in dessen Betrieb eingegliedert gewesen. Nach § 28e Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) obliege dem Kläger die Beitragsentrichtung. Maßgeblich sei das vom Arbeitnehmer in der Beschäftigung erzielte Bruttoarbeitsentgelt. Dieses sei mit 50 % bis 31. Dezember 2006 und mit 45 % ab Januar 2007 anzusetzen. Es ergebe sich daraus ein Nachforderungsbetrag in Höhe von 8.289,80 EUR. Hinsichtlich der Berechnungsschritte wird auf Bl. 94ff. der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Die Beklagte sehe aufgrund fehlenden Verschu...