Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Rente wegen Erwerbsminderung. Voraussetzung der Annahme einer Erwerbsminderung wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes. Berufsunfähigkeit bei einer Reinigungskraft
Orientierungssatz
1. Ist das Leistungsvermögen eines Erwerbstätigen aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen zwar qualitativ eingeschränkt, ist unter Beachtung dieser Einschränkungen aber dennoch grundsätzlich eine Erwerbstätigkeit von mindestens sechs Stunden täglich gegeben, so scheidet die ausnahmsweise mögliche Annahme einer vollständigen Erwerbsminderung wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes schon tatbestandlich aus.
2. Ein als Reinigungskraft tätiger Erwerbstätiger kann bei der Beurteilung des Bestehens einer Berufsunfähigkeit keinen qualifizierten Berufsschutz beanspruchen, so dass er sich für die Berufsausübung auch auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen muss.
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes, hilfsweise eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Nach eigenen Angaben absolvierte die am … 1957 geborene Klägerin in ihrem Geburtsland J. eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau und war dort im erlernten Beruf tätig. In D., wo sie seit ihrem 17. Lebensjahr lebt, arbeitete sie zunächst als Küchenhilfe und von 1986 bis 1999 als Reinigungskraft in einem chemischen Labor. Diese Tätigkeit, die sie zuletzt am 29. September 1999 ausübte, musste sie wegen einer Hauterkrankung aufgeben, das Beschäftigungsverhältnis wurde in der Folgezeit beendet. Seitdem ist die Klägerin nicht mehr berufstätig gewesen, auch nicht im Anschluss an eine vom 17. Oktober 2002 bis zum 17. Januar 2003 absolvierte Umschulung auf eine nicht näher spezifizierte Bürotätigkeit. Sie bezog Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Krankengeld und schließlich Arbeitslosenhilfe, die lediglich während der erwähnten Umschulung unterbrochen war. Seit dem 1. Januar 2005 bezieht die Klägerin ununterbrochen Arbeitslosengeld II. Bei der Klägerin ist ein tylotisches Handekzem als Berufserkrankung anerkannt, sie bezieht seit dem 11. Juni 2000 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. (Bescheid der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie vom 8. Februar 2001). Bei ihr ist ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt (Neufeststellungsbescheid des Versorgungsamts der Freien und Hansestadt Hamburg vom 22. Februar 2005). Am 3. März 2009 stellte die Klägerin erstmals unter Hinweis auf Depressionen und ihre Hauterkrankung einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Diese holte Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. J., des Hautarztes und Allergologen Dr. K. und des Orthopäden Dr. N. ein und lehnte eine Rentengewährung ab (Bescheid vom 17. Juni 2009; Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2010). Die daraufhin vor dem Sozialgericht Hamburg erhobene Klage (S 11 R 84/10) blieb erfolglos. Das Sozialgericht Hamburg wies die Klage mit rechtskräftigem Urteil vom 7. Juni 2012 ab, nachdem es Gutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. D. und des Psychiaters und Neurologen Dr. N1 eingeholt hatte. Am 1. August 2012 beantragte die Klägerin erneut eine Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Zur Begründung wies sie auf die im ersten Rentenantrag angegebenen Erkrankungen hin und ergänzte, ihr Zustand habe sich erheblich erschlechtert und es seien weitere Erkrankungen wie Arthrose, Depression und eine Gehbehinderung hinzugekommen; sie könne nach eigener Einschätzung keine Arbeit mehr verrichten. Die Beklagte wertete Befundberichte des behandelnden Orthopäden Dr. S. und des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. P., die Unterlagen der Berufsgenossenschaft mitsamt den dortigen Berichten des behandelnden Hautarztes Dr. K. sowie ein Gutachten der Bundesagentur für Arbeit (Dr. P.) aus. Sie holte Gutachten der Neurologin und Psychiaterin B. und des Orthopäden Dr. H. ein. Frau B. stellte nach ambulanter Untersuchung der Klägerin eine Dysthymie mit chronischen depressiven Symptomen, gering bis mittelgradiger Ausprägung, chronische Schmerzen mit organischen und psychischen Faktoren und ein Wirbelsäulensyndrom mit sensibler L 5-Irritation rechts fest; die Tätigkeit als Laborhilfe könne nur noch unter drei Stunden täglich ausgeübt werden; auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin im Umfang von täglich sechs Stunden und mehr leichte Arbeiten in Tageschicht zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen oder überwiegend im Sitzen verrichten; Tätigkeiten mit hohem Zeitdruck, hoher Verantwortung ständigem Publikumsverkehr würden zur Zeit eine Überforderung darstellen. Herr Dr. H. stellte nach ambulanter Untersuchung der Klägerin die Diagnosen leichtergradiges degenera...