Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Nothilfe. Erstattungsanspruch eines Krankenhausträgers wegen stationärer Krankenhausbehandlung. Tag der Kenntnis des Sozialhilfeträgers vom Leistungsfall. Ansprüche aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag
Orientierungssatz
1. Der Tag der Kenntniserlangung bzw der Möglichkeit der Kenntniserlangung durch den Sozialhilfeträger ist nicht mehr dem Nothelferanspruch zuzurechnen. Dies folgt daraus, dass Sozialhilfe tageweise zu gewähren ist und auch das Krankenhaus als Nothelfer nur einen Anspruch auf einen tagesbezogenen Anteil der Fallpauschale haben kann.
2. § 25 SGB 12 regelt abschließend die Voraussetzungen eines Kostenersatzanspruches einer Person, die anstelle des Sozialhilfeträgers Hilfeleistungen ohne dessen Auftrag erbringt (vgl BSG vom 23.8.2013 - B 8 SO 19/12 R = BSGE 114, 161 = SozR 4-5910 § 121 Nr 1).
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Erstattung von 794,75 Euro für die stationäre Krankenhausbehandlung eines Patienten.
Die Klägerin betreibt die A. in H., die Beklagte ist der zuständige örtliche Sozialhilfeträger. Am 4. März 2018, einem Sonntag, wurde der Rettungsdienst der Feuerwehr der Beklagten um 23:57 Uhr zum Polizeikommissariat x gerufen. Dort befand sich zur Feststellung seiner Personalien der lettische Staatsangehörige K., geb. am … 1987 (im Weiteren: der Patient). Der Patient habe sich - so das Rettungsdienstprotokoll - auf dem Polizeikommissariat erbrochen und sei kurzzeitig bewusstlos gewesen. Der Rettungswagen der Feuerwehr brachte den Patienten zum Krankenhaus der Klägerin, wo er am 5. März 2018 um 00:28 Uhr stationär aufgenommen wurde. Im Arztbrief des Krankenhauses vom 5. März 2018 heißt es, der Patient habe sich bereits am 4. März 2018 stark alkoholisiert wegen einer Schädelprellung und einer Kopfplatzwunde notfallmäßig über die Zentrale Notaufnahme im Chirurgisch-Traumatologischen Zentrum des Krankenhauses vorgestellt, sei ambulant behandelt, überwacht und anschließend ausgenüchtert entlassen worden. Nun sei eine Wiedervorstellung des Patienten durch die Polizei erfolgt, da im Rahmen einer Identitätsfeststellung bei der Polizei persistierender Schwindel und zweimaliges Erbrechen vorgelegen hätten. Der Patient wurde am 5. März 2018 um 11:19 Uhr entlassen.
Die Klägerin informierte die Beklagte noch am 5. März 2018 um 01:16 Uhr per Fax über die Behandlung und übersandte unter dem 14. März 2018 einen Kostenübernahmeantrag. Diesem waren eine Bestätigung der Klinik, dass die stationäre Aufnahme des Patienten dringend geboten und eine Zurückweisung ohne Gefahr für Leben und Gesundheit nicht möglich gewesen sei, die Kopie des Ausweispapieres des Patienten und die Entlassungsanzeige beigefügt.
Mit Schreiben vom 21. März 2018 bat die Beklagte die Klägerin u. a. um ein Aufenthaltspapier des Patienten, einen schriftlichen Nachweis, dass im Heimatland kein Krankenversicherungsschutz bestehe, einen vom Patienten unterzeichneten Aufnahmebogen und Sozialhilfeantrag, eine unterschriebene Erklärung des Patienten, wo er derzeit wohne und sich üblicherweise aufhalte und seit wann und wovon er in den letzten zwei Monaten gelebt habe sowie Angaben bzw. Nachweise zur letzten Krankenversicherung. Die Klägerin übersandte der Beklagten daraufhin erneut die schon zuvor überlassenen Unterlagen und teilte mit, dass keine weiteren Angaben gemacht oder Unterlagen vorgelegen werden könnten.
Mit Bescheid vom 16. April 2018 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme ab, da die Klägerin zwar die Identität des Patienten, nicht aber seine Bedürftigkeit nachgewiesen habe. Eigene Ermittlungen - eine Meldeauskunft sowie eine Anfrage beim Jobcenter - seien ergebnislos geblieben.
Die Klägerin legte am 30. April 2018 Widerspruch ein und führte aus, der Patient habe im Krankenhaus erklärt, mittellos zu sein und über keine Krankenversicherung zu verfügen. Die Klägerin übersandte mit der Widerspruchsbegründung eine an den Patienten gerichtete Rechnung über 794,75 Euro. Der Patient dürfte der Beklagten bekannt sein, da die Polizei bereits die Personalien des Patienten erfasst habe, bevor sie ihn dem Rettungsdienst übergeben habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2019 zurück. Ein Anspruch der Klägerin folge weder aus § 25 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) noch aus § 6a des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG). Beide Vorschriften erforderten das Vorliegen eines Eilfalles, an dem es hier fehle, da die Beklagte als Sozialhilfeträger noch am 5. März 2018 Kenntnis vom Behandlungsfall erlangt habe. Es könne daher nur ein Anspruch des Patienten selbst bestehen. Darüber hinaus habe die Klägerin nicht nachgewiesen, dass der Patient hilfebedürftig gewesen sei.
Die Klägerin hat am 7. Juni 2018 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben. Der Patient sei im Auftrag der Freie...